So testen Ingenieure Betonbauwerke auf ihre Festigkeit

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Nicht alle Schäden an einer tragenden Konstruktion fallen sofort ins Auge. Wie finden Bauingenieure also heraus, dass eine Brücke oder eine große Halle nicht mehr sicher ist? Viele Indizien ergeben ein Bild.

Werden Schäden gefunden, müssen vorübergehend Klammern die Struktur verstärken – bis die Brücke neu gebaut wird

Betonbauwerke wie Brücken oder große Hallen müssen allerhand aushalten: Immer schwerere LKW donnern über die Straßen, Fabriken müssen riesige Maschinen tragen. Die Böden von Tanzsälen müssen es aushalten, wenn Hunderte oder sogar Tausende Menschen gleichzeitig rhythmisch hopsen. Und auch das Wetter setzt den Bauwerken zu.

Stahlbeton – oder Spannbeton – ist eigentlich recht stabil und kann große Lasten tragen. Aber es gibt bestimmte Einflüsse, die diese Stabilität zugrunde richten.

Wasser, Säure, Rost und Lasten

Dazu gehört insbesondere Wasser, falls es ins Bauwerk eindringt und die Stahlarmierungen verrosten lässt, die dem Beton seine Festigkeit verleihen. Noch schlimmer ist es, wenn Streusalz oder andere aggressive Chemikalien dazukommen. Dann rosten die Armierungen noch viel schneller durch.

Säuren greifen nicht nur das Metall an, sondern auch den Beton selbst. Die kalkhaltigen Verbindungen des Zements lösen sich auf – der Beton laugt aus und wird spröde. Selbst Regenwasser kann bereits so etwas auslösen, insbesondere, wenn der Beton rau und die Oberfläche zerklüftetet ist, was das Eindringen des Wassers begünstigt.

Auch extreme physische Belastungen, die das Gefüge des Betons zerbröseln lassen, sind eine große Gefahr. Das können Schwingungen sein, große Massen, die auf das Bauwerk einwirken – wie Schneelasten auf Dächern – oder auch immer wiederkehrende Erschütterungen, wie sie durch Lastkraftwagen auf Brücken verursacht werden.

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Die Sichtprüfung allein reicht nicht

Bei einer Prüfung schauen sich Ingenieure das Bauwerk zunächst von außen gründlich an: Gibt es offensichtliche Wasserflecken? Haben sich unter dem Bauwerk Tropfsteine gebildet? Das würde bedeuten, dass über eine lange Zeit Wasser in den Beton eingedrungen ist und Kalk ausgespült hat. Gibt es Abplatzungen des Betons? Sind Armierungsteile sichtbar, die verrostet sind? Ist die Oberfläche mit Algen oder Moosen bewachsen?

Dann müssen die Ingenieure herausfinden, wo die Armierungen liegen. Dazu sind – soweit vorhanden – alte Baupläne nützlich. Als nächstes, kommen magnetinduktive Messgeräte zum Einsatz – ähnlich den Metalldetektoren, die Heimwerker nutzen, um in der Wand nach Kabeln und Rohren zu suchen oder auch Schatzsucher, um Münzen zu finden. Die Geräte können Metalle etwa zehn Zentimeter tief im Beton aufspüren. Auch tiefere Stahlarmierungen lassen sich lokalisieren. Dafür gibt es etwa Radargeräte, die auch Wasseransammlungen erkennen können.

Proben aus dem Bauwerk

Wo die Armierungen sind, müssen die Ingenieure wissen, bevor sie etwa eine Kernbohrung durchführen. Denn bei der Bohrung möchten die Ingenieure die Stähle nicht treffen. Die Bohrkerne können später im Labor auf ihre Bruch- und Druckfestigkeit überprüft werden.

Der Korrosionszustand der Stahlarmierung in einem Bauwerk lässt sich zunächst zerstörungsfrei abschätzen. Dazu nutzt man die Methode der Potentialfeldmessung. Sie beruht darauf, dass sich der Armierungsstahl ähnlich verhält wie eine Batterie, wenn er etwa durch eindringendes Salzwasser korrodiert.

Ein Ende des Armierungseisens wird dann von selbst zur Anode, das andere zur Kathode. Wenn die Ingenieure ein Messgerät auf den Betonboden setzen und diesen flächig abfahren, können sie nun ein Potentialfeld messen – also die Spannung, die von der Armierung ausgeht. Dort wo ein starkes anodisches Potential erkennbar wird, korrodiert wahrscheinlich tief im Beton die Armierung. Diese Stellen müssen die Ingenieure dann genauer untersuchen. 

Dazu können sie auch Armierungsstähle probeweise freilegen und begutachten oder auch entnehmen. Das geht aber nur, wenn ein Baustatiker sichergestellt hat, dass die Stabilität des Gebäudes durch die Entnahme nicht gefährdet wird. Diese etwa 35 Zentimeter langen Stücke kommen ins Labor. Dort wird ermittelt, wie viel Zugkraft sie noch aushalten, bevor sie reißen. So lässt sich etwa feststellen, ob das Metall durch kleine Haarrisse schon instabil geworden ist.

Sind Spanndrähte schon gerissen?

Gerade bei Spannbetonbauwerken spielen die Armierungen eine besonders wichtige tragende Rolle. Die Spanndrähte sorgen dafür, dass etwa lange Brückenteile überhaupt in sich stabil bleiben.

Um herauszufinden, ob solche Spanndrähte gebrochen sind, nutzen die Ingenieure ein ähnliches Verfahren: Sie machen sich zunutze, dass jeder Draht wie ein Stabmagnet wirkt und messen dessen Magnetfeld mit Sonden, die sie an Wagen über das Bauwerk führen. Dort wo ein Magnetfeld endet und ein neues, anders Gepoltes beginnt, ist definitiv ein Bruch im Stahl. 

Mit dem Hammer gegen die Wand

Nicht nur die Armierung, auch der Beton wird zunächst geprüft, ohne ihn zu beschädigen. Das üblichste ist die Messung der Druckfestigkeit des Betons mithilfe eines Rückprallhammers.

Es handelt sich dabei um einen mit einer Feder angetriebenen Bolzen, der mit definierter Geschwindigkeit auf die Oberfläche des Betons trifft. Dann prallt er mehr oder weniger stark zurück. Durch die Stärke des Rückpralls lässt sich erkennen, wie viel Energie des Schlages der Beton aufgenommen hat. Dass lässt Rückschlüsse auf die Festigkeit des Betons zu. Prallt der Hammer sehr stark zurück, ist der Beton hart und fest. Prallt er schwach zurück, ist der Beton poröser und möglicherweise instabil.

Der Beton soll die Eisenarmierung vor Wasser und Luft schützen. Das geht nur, wenn er fest und seine Oberfläche fein ist.

Lackmustest: Welchen pH-Wert hat der Beton?

Neben seiner physischen Festigkeit muss guter Beton auch chemisch so stabil sein, dass er den darin verborgenen Armierungsstahl schützt. Kommt Beton nämlich mit Wasser in Kontakt, reagiert dieser mit dem Kohlenstoffdioxid aus der Luft. Es kommt zu einer sogenannten Carbonisierung des Betons.

Für den Beton selbst, wäre das kein Problem, denn der wird dadurch sogar fester als zuvor. Aber die Armierungseisen leiden darunter: Sie verrosten schneller. Wie stark diese Carbonisierung fortgeschritten ist, ermitteln die Ingenieure, indem sie eine Indikatorlösung aus Phenolphtalein aufsprühen – ähnlich dem Lackmus-pH-Teststreifen aus dem Chemieunterricht. Das können die Bauwerksprüfer natürlich auch an Bohrkernen im Labor tun.


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