Der Feldhamster im Dilemma

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Feldhamster gehören zu den am stärksten bedrohten Säugetieren Deutschlands. Vor allem die intensive Landwirtschaft und Bauvorhaben machen ihnen ihren Lebensraum streitig. Doch nun bekommen sie Unterstützung.

Die putzigen Feldhamster (Cricetus cricetus) haben den Kampf gegen die moderne Landwirtschaft fast schon verloren. Es gibt kaum noch welche in Deutschland. Zwischenzeitlich standen sie hierzulande kurz vor dem Aussterben. Insgesamt dürften in Deutschland kaum noch 100.000 der kleinen Nager leben. Die meisten davon in Bayern und Sachsen-Anhalt. 

Obwohl – oder gerade weil – die keine 25 Zentimeter kleinen Tiere also stark gefährdet sind, bereiten sie einigen Menschen große Probleme. Manchmal unterliegen die Menschen den Hamstern etwa im Rechtsstreit. So erging es dem Milliardär Dietmar Hopp. Der Chef des Software-Riesen SAP und Mäzen des Fußball-Bundesligisten HSG Hoffenheim und die Stadt Mannheim wollte gemeinsam eine Sportarena bauen. Doch das Gelände war ausgerechnet als eine der letzten Feldhamster-Kolonien Baden-Württembergs ausgewiesen – mit 92 Tieren dieser Art. 

Folglich musste das Stadion einige hundert Meter von der geplanten Stätte entfernt gebaut werden. “Hamster verschieben SAP-Arena”, “Geldhamster” oder “Ökoterroristen” – lauteten die kreativen Schlagzeilen der Presse dazumal.

Schon 1999 hatte die EU-Kommission wegen massiver Vernachlässigung der Hamsterpopulation ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet. Die damalige Umwelt-Kommissarin Margot Wallström drohte mit einer Anklage vor dem Europäischen Gerichtshof.

Mehr dazu:  Wozu gibt die Regierung Millionen für Feldhamster aus?

Der Feldhamster als Phantom

In Aachen drohte der Bau eines deutsch-niederländischen Gewerbeparks wegen der Hamsterproblematik zu scheitern, worauf die Europäische Kommission Subventionen in Höhe von umgerechnet zehn Millionen Euro auf Eis legte.

12.000 neue Arbeitsplätze standen an dem Standort auf der Kippe. Der Vorwurf: Die deutschen Behörden hätten es während der Planungsphase versäumt, sowohl Alternativen für den Standort der Gewerbefläche zu prüfen als auch einen potentiellen neuen Lebensraum für die Tiere zu suchen. Die Befürworter des Parks konterten: Es habe dort nie Hamster gegeben. 

Mit Lobby – ohne Lebensraum – der Europäische Feldhamster

In Nordrhein-Westfalen wurde der Feldhamster 2005 sogar zur Wahlkampf-Figur: Die Grünen wollten ihn retten, doch da sie nicht wussten, wo die Art genau steckte, blockierte die damalige Regierungspartei mehrere Gebiete und Bauvorhaben. Woraufhin Oppositionsführer Jürgen Rüttgers (CDU) das Tier als Symbol anführte, um zu zeigen, wie die Landesregierung Umweltschutz vorschiebe um wirtschaftsfeindliche Politik zu betreiben. In einer einigen Rede schafte er zehnmal das Wort “Feldhamster” unterzubringen. Die Fronten waren verhärtet.

In der Tagespresse wurde der Feldhamster zum Sündenbock: “Hamster wichtiger als Arbeitsplätze”, “Hamster wichtiger als Braunkohlekraftwerke” und “Wirtschaftsbremse mit dickem Fell”, so lauteten einige Überschriften. 

Dabei hat der schwere Stand des Feldhamsters heute auch damit zu tun, dass er früher schon einen schlechten Leumund hatte. In der DDR galt er in den 1970er Jahren als “Ernteschädling”. Die Hamsterplage wurde dadurch kontrolliert, dass man sie jagte, um aus dem Fell Mäntel und Mützen zu nähen.

Wettlauf gegen die Zeit

Es gibt noch zahlreiche weitere Gründe, die den Säuger fast an den Rand der Ausrottung brachten: Das ausbringen von zuviel Gülle und Ackergiften, auf intensiv genutzten und fruchtbaren Böden, die die Art liebt.

Bebauung und Zersiedelung der Landschaft durch Straßen, Schienen, Wohn- und Gewerbegebiete. Die Zunahme von Monokulturen, immer frühere Ernten, darauf folgende kahle Äcker, die den Tieren keine Deckung geben und sie für Feinde aus der Luft angreifbar machen, gründliche Erntemaschinen, die jedes Korn aufsaugen, und damit dem Hamster die Nahrungsgrundlage entziehen. Es fehlt an Schutz, Futter und Material für die Baue der Tiere.

Hoffentlich bald mehr davon: Feldhamstermutter mit Jungtier im Bau

Gemäß der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie wurde der Feldhamster als ”streng zu schützende Art” eingestuft und steht auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten ganz oben.

Genützt hat es wenig- Trotz Umsiedlungen bleibt der Feldhamster vielerorts verschwunden. Angesichts der dramatischen Lage fordert Heinz Kowalski vom nordrhein-westfälischen Naturschutzbund Deutschland (NABU), größere Anstrengungen bei der Umsetzung von Artenschutzprogrammen, keine Bebauung der letzten von Feldhamstern bewohnten Gebiete und ein Nothilfezuchtprogramm.

Inzwischen haben Naturschützer mit behördlicher Erlaubnis fünf Hamster in die Niederlande gebracht. Im Gaia-Zoo in Kerkrade werden seit 1999 Feldhamster gezüchtet.

Die Stadt Mannheim hatte 2001 ein Artenhilfsprogramm initiiert. “Es ist bisher gelungen, den Feldhamster vor dem Aussterben zu bewahren”, sagt dessen Leiter Ulrich Weinhold. Er schränkt ein: “Um wieder tragfähige, stabile Hamsterpopulationen zu bekommen, braucht es vor allem eine ‘grünere’ Landwirtschaft, die mehr Sortenvielfalt und Struktur in die ausgeräumten Feldfluren bringt. Hier bestehen die größten Zielkonflikte.” 

Der Biologe beschäftigt sich schon seit seiner Diplomarbeit mit der Gattung. Inzwischen hat er sich international einen Namen als Feldhamsterpapst gemacht. Im Laufe seiner Forschungstätigkeit habe er gelernt, “dass diese vordergründig so einfach gestrickten und für uns alle gleich aussehenden Tiere ein sehr komplexes Wesen haben und genauso viel Individualität zeigen wie wir.” 

Die Evolution habe ungefähr 1.370.000 Tier- und 300.000 Pflanzenarten weltweit hervorgebracht. Wir Menschen seien nur eine Spezies davon und sollten uns daher nicht ermächtigt fühlen, den Nutzen von Tier- oder Pflanzenarten zu hinterfragen, antwortet er auf die Frage nach dem Nutzen des Hamsters.

Weinhold betreibt das Institut für Faunistik in Heiligkreuzsteinach. Im nahegelegenen Zoo Heidelberg hat er eine Zuchtstation eingerichtet. 170 Feldhamster werden pro Jahr gezüchtet, um diese dann auf geeigneten Flächen im Bundesland Baden-Württemberg auszuwildern. Weinholdüberwacht die Population im Auftrag der Deutschen Wildtierstiftung. Er hat die Baue kartiert und Verträge mit Landwirten geschlossen, die eine Ausgleichszahlung für die Lebensraumerhaltung der Feldhamster in Anspruch nehmen können.

Wenn die Mähmaschinen Stoppel stehen lassen, können sich die Tiere vor Greifvögeln verstecken.

Bei der Ernte werden gezielt Getreideflächen stehengelassen. Auf den abgeernteten Bereichen bauen die Landwirte Luzerne zur Deckung, als Futterquelle und Baumaterial an. “Wenn wir es nicht schaffen, den Feldhamster, eine eigentlich recht anspruchslose Art, was Nahrung und Lebensraum angeht, zu retten, dann wird es uns auch nicht gelingen die Artengemeinschaften der Feldflur zu erhalten”, argumentiert der Biologe. 

Neben dem Hamster leiden auch die sogenannten Ackervögel wie Feldlerche und Rebhuhn unter einer Landwirtschaft, die über die Jahrzehnte hinweg immer lebensfeindlicher geworden ist. “Wir müssen wieder mehr Flächen für die Arten der Agrarlandschaft zurückgewinnen und Lebensräume vernetzen. Gelingt uns das, wird auch der Hamster überleben. Das klingt einfach ist aber verdammt schwierig”, sagt Ulrich Weinhold und erhält nun prominente Unterstützung der Politik.

“Deutschland soll wieder Feldhamsterland werden”, bekundet Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD), die das gleichnamige Projekt ins Leben gerufen hat. Die Agrarlandschaften in fünf Bundesländern sollen so gestaltet werden, dass sie dem Feldhamster Lebensraum bieten. Dazu werden auch Feldhamsterschützer ausgebildet.

 


  • Seltene, scheue, winzige Wüstenräuber

    So gut wie unbekannt

    Kaum eine andere Wildkatze ist so wenig erforscht wie die Schwarzfußkatze. Einer der Gründe: Die scheuen Tiere fallen kaum auf. Sie sind nur etwa halb so groß wie Hauskatzen. Ein ausgewachsener Kater wiegt nur etwa 1,9 Kilogramm, ein Weibchen 1,3 Kilogramm. Forscher schätzen den Bestand auf nur etwa 10.000 Tiere. In Südafrika und Botswana sind sie streng geschützt.


  • Seltene, scheue, winzige Wüstenräuber

    Eine unwirtliche Heimat

    Schwarzfußkatzen leben in den niederschlagsarmen Trockenzonen des südlichen Afrikas, in den Savannen und der Halbwüste der Karoo und Kalahari. Hauptverbreitungsgebiete sind Südafrika, Namibia und Botswana. Ein paar Schwarzfußkatzen leben in Simbabwe und Angola.


  • Seltene, scheue, winzige Wüstenräuber

    Gute Jäger

    Andere Tiere sollten gut auf der Hut sein: Auf ihren nächtlichen Beutezügen fängt eine Schwarzfußkatze etwa alle 50 Minuten ein Nagetier oder einen Vogel. Wie diese Gackeltrappe – sie wird immerhin einen halben Meter groß. Die Wildkatzen können Vögel sogar im Flug fangen. Bis zu 1,4 Meter hoch und 2 Meter weit kann eine Schwarzfußkatze springen.


  • Seltene, scheue, winzige Wüstenräuber

    Mut und Wehrhaftigkeit

    Schwarzfußkatzen sind zwar scheu, kämpfen aber mutig gegen Angreifer – selbst gegen Schlangen. Hier eine Katze kurz vor dem Angriff. Schwarzfußkatzen fressen ungiftige Schlangen sogar. Klar werden dann auch weniger wehrhafte Tiere leicht zur Beute. Etwa ein Kap-Hase: Der ist kleiner als ein Feldhase, aber mit bis zu 2,5 Kilogramm deutlich größer als die Katze selbst.


  • Seltene, scheue, winzige Wüstenräuber

    Ein Fall für Dr. Sliwa!

    Auch wenn die Schwarzfußkatzen in der Nähe von Siedlungen leben, kann es sein, dass die Bewohner gar nichts von ihrer Existenz wissen. Die Tiere sind nämlich sehr scheu. Alexander Sliwa von der Black-Footed Cat Working Group sucht hier mit einer Antenne Tiere, die er schon früher mit Funksendern ausgestattet hat. Seit 1992 forscht der Zoologe vom Kölner Zoo an Schwarzfußkatzen.


  • Seltene, scheue, winzige Wüstenräuber

    Eingang zum Katzenreich

    Derzeit sind zwölf Tiere mit Radiohalsbändern ausgestattet. Manchmal allerdings müssen die Zoologen auch mal näher ran. Aber wie? Die Tiere leben in den Bauten von Springhasen, Borstenhörnchen, Stachelschweinen und Erdferkeln. Auch verlassene Termitenhügel sind bei ihnen als wohlklimatisierte Behausungen beliebt.


  • Seltene, scheue, winzige Wüstenräuber

    Schutz vor Fressfeinden

    In den Katzenwohnungen sind die Katzenbabys sicher. Eine Schwarzfußkatze wirft meist ein oder zwei Junge nach einer Tragezeit von 63 bis 68 Tagen. Die Muttertiere wechseln ihren Unterschlupf in regelmäßigen Abständen. So wollen sie verhindern, dass Schakale oder andere Beutegreifer die Kleinen finden.


  • Seltene, scheue, winzige Wüstenräuber

    Da hilft nur noch die Spitzhacke

    Wollen die Zoologen eine Katze aus einem solchen unterirdischen Bau holen, müssen sie schweres Gerät auffahren: Spitzhacke und Schaufel. In der Mittagshitze im südafrikanischen Dezember-Sommer ist das richtige Schwerstarbeit.


  • Seltene, scheue, winzige Wüstenräuber

    Geschnappt!

    Die Katze sitzt im Netz – jetzt bloß nicht entwischen lassen! Entschlossenes Zupacken ist nötig, wenn man das Tier auf Herz und Nieren untersuchen will. Damit die Katze nicht allzu gestresst wird, gibt es sofort eine Narkosespritze. Dann kann die Untersuchung beginnen.


  • Seltene, scheue, winzige Wüstenräuber

    Räuber erforschen

    Seit 2005 gibt es eine internationale Arbeitsgruppe zum Schutz der Schwarzfußkatzen. Forscher aus den USA, Südafrika und Deutschland treffen sich einmal im Jahr für drei Wochen, um Tiere zu fangen und mit Halsbändern auszustatten. Dabei entnehmen sie den Katzen Blut, Kot, Urin, Speichel, Fettgewebe und Sperma.


  • Seltene, scheue, winzige Wüstenräuber

    Der Beweis

    Der Fuß ist schwarz! Zum Klettern sind die Füße der Katzen übrigens nicht so gut geeignet wie bei Stubentigern – es gibt in ihrer Heimat einfach zu wenig Bäume. Dafür sind sie hervorragende Läufer: Ein Kater legt in der Nacht bis zu 30 Kilometer zurück.


  • Seltene, scheue, winzige Wüstenräuber

    Tödliche Stoffwechselkrankheit

    Bei den gefangenen Tieren achten die Zoologen besonders auf Anzeichen einer seltenen Stoffwechselkrankheit, der Amyloidose. Die Katzen sterben daran. Die Krankheit haben Forscher zuerst bei Zootieren diagnostiziert und führte zu einem dramatischen Rückgang der Bestände. 2015 wies man die Krankheit erstmals auch bei einem Tier aus freier Wildbahn nach.


  • Seltene, scheue, winzige Wüstenräuber

    Aufgewacht!

    Nach der Untersuchung gibt es ein Aufwachmittel für das Kätzchen. Dann werden sie wieder in ihren Bau gesetzt und können sich von dem Schreck erholen. Aber für die Forscher fängt die Arbeit jetzt erst richtig an. Sie wollen nicht nur die Gesundheit der Katzen überprüfen, sondern auch deren Verhalten und Tagesablauf verstehen.


  • Seltene, scheue, winzige Wüstenräuber

    Videoüberwachung in der Wüste

    Mit Fotofallen beobachten die Zoologen, was mit den wieder freigelassenen Katzen passiert: Verhalten Sie sich nach dem Aufwachen normal? Geht es ihnen gut? Mal sehen, wer jetzt als erster seine Nase aus dem Bau steckt. Die Videofallen fangen in dem Moment an zu filmen, wo sich vor der Linse irgendetwas bewegt.


  • Seltene, scheue, winzige Wüstenräuber

    Lächeln bitte!

    Die Katzen reagieren meist erst etwas misstrauisch auf die Geräte. Das schlägt dann aber oft schnell in Neugier um. Dieses Schwarzfußkätzchen hat die Prozedur offenbar gut überstanden und schaut sich um, ob die merkwürdigen Forscher endlich weg sind.


  • Seltene, scheue, winzige Wüstenräuber

    Auf der Roten Liste

    Der Zoologe Alexander Sliwa hat erstmals Details über Beutewahl, Reviere und Fortpflanzungsverhalten der Schwarzfußkatzen herausgefunden. So wurde es möglich, die Bedrohung der Art realistisch einzuschätzen. Die Weltnaturschutzunion IUCN stuft die Art als “gefährdet” ein.

    Autorin/Autor: Fabian Schmidt