Wer gewinnt das Match der Russland-Sanktionen in Washington?

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US-Senatoren fordern neue Sanktionen gegen Russland. Obwohl in den USA über deren Sinn gestritten wird und US-Präsident Trump zögert, könnten auch Republikaner im Kongress sie absegnen. Aus Washington Michael Knigge.

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Das Verhältnis zwischen den USA und Russland ist auf einem historischen Tiefpunkt angelangt. Am vergangenen Donnerstag legten mehrere demokratische und republikanische US-Senatoren einen neuen Gesetzesentwurf vor, der harte Sanktionen gegen Russland vorsieht. Moskau solle für seine mutmaßliche Einmischung in den US-amerikanischen Wahlkampf bestraft werden, heißt es darin. US-Geheimdienste und Sicherheitskräfte äußerten sich gleichzeitig besorgt, Russland könne versuchen, die Zwischenwahlen im November zu manipulieren.

Doch was bringt die Initiative für neue Strafmaßnahmen, die auch als Kritik an Präsident US-Präsident Donald Trump gilt? Denn der zögert, den Kreml zur Rechenschaft zu ziehen.

“Es gibt den Wunsch zu handeln”, erklärt Chris Miller, stellvertretender Direktor des Russischen Programms an der Tufts University in Boston, den Vorstoß der Senatoren. “Die Chancen, dass der Kongress den Gesetzentwurf verabschiedet, stehen gut.”

Härte zeigen, aber wie?

Die Parlamentarier wollen Härte zeigen. Normalerweise halten sich republikanische Kongressmitglieder mit Kritik an US-Präsident Trump zurück. “Doch wenn es um Russland geht”, so Miller, könnten sie sich der Zustimmung der Bevölkerung sicher sein: “Es gibt sehr wenig Rückhalt für eine sanftere Russlandpolitik.”

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Trotz der Kritik an Moskau wird es nicht einfach sein, neue Sanktionen zu erlassen. Denn Strafen, die einfach für Washington und hart für Moskau sind, wurden bereits 2014 nach der Besetzung der ukrainischen Krim verhängt. Zudem billigte der US-Kongress 2017 ein Gesetz mit Sanktionen gegen Russland und andere Länder und setzte Trump damit unter Zugzwang.

“Die Herausforderung für den Kongress besteht darin, Maßnahmen ausfindig zu machen, die zwar schmerzhaft für die russische Wirtschaft sind, aber US-amerikanischen Firmen nicht allzu hohe Kosten aufbürden”, sagt Miller. Aus diesem Grund könnten sich auch die Einschränkungen beim Handel mit russischen Staatsanleihen als schwierig erweisen.

Für jedes Problem eine Sanktion

Der Grund: Die Folgen könnten auch viele US-Bürger zu spüren bekommen, weil etliche US-amerikanische Rentenfonds in russische Staatsanleihen investierten. Bevor die Abgeordneten im Kongress also Einschnitten bei der Rentenversorgung ihrer Bevölkerung zustimmten, würden sie mindestens zweimal überlegen.

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Doch lassen sich außenpolitische Konflikte überhaupt durch Sanktionen lösen? Timothy Frye von der Columbia University in New York bezweifelt das. “Die bereits verhängten Sanktionen funktionieren und es ist wichtig, sie beizubehalten”, erklärt der Politikwissenschaftler. “Aber es besteht die Gefahr, dass  jedes außenpolitische Problem mit immer neuen Sanktionen gelöst werden soll.”

Kongressmitglieder verlangten reflexartig nach Sanktionen, weil dies innenpolitisch wirksam sei und schmerzhafte Strafen verhängt würden. “Doch der verführerische Eindruck, man könnte mit Sanktionen alle möglichen Probleme in den Griff bekommen, macht diese letztendlich weniger wirksam”, meint Frye.

Hinter den bestehenden Maßnahmen, so der Experte, stünden eine klare Absicht und  eine messbare Wirkung. “Sie waren ein Signal an den Kreml, dass die Annektierung der Krim ein Verstoß gegen internationales Völkerrecht darstellt und nicht ohne Folgen bleiben darf.”

Kein Beweis, kaum Wirkung

Laut Frye hatten die Strafmaßnahmen langfristig starke wirtschaftliche Auswirkungen, weil sie Russland die Finanzierung kapitalintensiver Projekte erschwerte. Gleichzeitig erlaubten die Sanktionen, erwünschtes Verhalten zu belohnen und unerwünschtes zu bestrafen.

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“Bei Sanktionen gegen eine Einmischung in den Wahlkampf ist die Sache komplizierter”, sagte Frye. “Denn der Nachweis von Angriffen und die Verifizierung von Vorwürfen gestaltet sich wesentlich schwieriger, als dies bei der offensichtlichen Unterstützung von Separatisten in der Ost-Ukraine oder der Annektierung der Krim der Fall ist.”

Trotz dieser Einwände und der Zweifel an der Wirksamkeit neuer Sanktionen ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ein weiteres Maßnahmenpaket den Kongress passieren wird. Die US-amerikanisch-russischen Beziehungen, da sind sich die Experten einig, waren noch nie so schlecht wie derzeit.

“Die Bemühungen von US-Präsident Trump, das Verhältnis zu verbessern, haben daran nichts geändert”, meint Timothy Frye. “1983 hat US-Präsident Ronald Reagan die Sowjetunion als ‘Reich des Böses’ bezeichnet”, erinnert er. “Doch sogar während des Kalten Krieges waren die Beziehungen in einigen Aspekten besser.”