“Tag der Kippa” in Bonn

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Nachdem in Bonn ein Kippa tragender Mann angegriffen worden war, veranstaltet die Stadt nun einen “Tag der Kippa”. Die Zahl religionsfeindlicher Straftaten ist in den vergangenen Jahren in Deutschland angestiegen.

Ein jüdischer Wissenschaftler aus den USA wurde vergangenen Mittwoch von einem Mann in Bonn auf seine Kippa angesprochen und beleidigt. Nach Polizeiangaben habe der Angreifer, ein 20 Jahre alter Deutscher mit palästinensischen Wurzeln, dem 50-jährigen Hochschulprofessor mehrfach die Kopfbedeckung vom Kopf geschubst und ihm gegen die Schulter geschlagen. Dabei seien die Worte “Kein Jude in Deutschland” gefallen.

Die alarmierte Polizei hielt den Gastprofessor zunächst irrtümlich für den Täter und ging rabiat gegen ihn vor. Seitdem wird gegen vier Beamte ermittelt.

Tag der Kippa ursprünglich für November geplant

Als Reaktion auf diesen antisemitischen Angriff veranstaltet Bonn nun einen “Tag der Kippa”, bei dem Teilnehmer gebeten werden, die religiöse Kopfbedeckung selbst mitzubringen. Ab 15 Uhr werden am 19. Juli auf dem Marktplatz der Stadt vor dem Alten Rathaus neben Oberbürgermeister Ashok Sridharan die Vorsitzende der Synagogengemeinde Bonn, Margaret Traub, und der Senior-Direktor für Politik- und Programmkoordination beim Klimasekretariat der Vereinten Nationen, Martin Frick, sprechen.

Der “Tag der Kippa” war laut Angaben der Stadt ursprünglich für November diesen Jahres geplant gewesen. Er werde aus aktuellem Anlass nun vorgezogen, so der Oberbürgermeister. Die Veranstaltung solle deutlich machen, dass Antisemitismus keinen Platz in Bonn habe.

Antisemitische Angriffe auch in Düsseldorf und Berlin

In den vergangenen Monaten wurden mehrere antisemitische Angriffe in Deutschland bekannt: Am vergangenen Freitag (13.07.2018) war in Düsseldorf ebenfalls ein junger Mann mit Kippa  offenbar aufgrund seiner jüdischen Religionszugehörigkeit beleidigt und angerempelt worden.

Für Aufsehen sorgte ein Angriff im April, der sich in Berlin ereignete. Ein junger Israeli mit einer Kippa wurde von einem 19-jährigen Syrer mit einem Gürtel attackiert und geschlagen. Das Opfer filmte den Angriff mit seinem Handy und stellte das Video ins Netz. In mehreren deutschen Städten kam es zu Solidaritätsbekundungen. Unter dem Motto “Berlin trägt Kippa” versammelten sich allein in der Hauptstadt mehr als 2000 Menschen.

Anstieg religionsfeindlicher Straftaten

Seit 100 Tagen gibt es in Deutschland die neu geschaffene Position eines Bundesbeauftragten für Religionsfreiheit. Markus Grübel hat diese Stelle inne und beklagt einen Anstieg der Zahl religionsfeindlicher Straftaten in Deutschland in den vergangenen Jahren. “Die Statistik weist für das vergangene Jahr 129 christenfeindliche, 1.075 islamfeindliche und 1.504 antisemitische Straftaten aus. Es gibt also auch bei uns Handlungsbedarf”, sagte der 58-Jährige im Interview von katholisch.de.

Verglichen mit der Lage der Religionsfreiheit in vielen anderen Teilen der Welt “leben wir in Deutschland auf einer Insel der Seligen”, betonte er allerdings. Wichtig sei, schon in der Schule stärker zur Toleranz zu erziehen, so Grübel. Das gelte auch für diejenigen, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind.

Unsere Bildergalerie zeigt, was das Tragen der Kippa bedeutet, und stellt weitere religiöse Kopfbedeckungen vor.


  • Religiöse Kopfbedeckungen

    Kippa

    Im 17. und 18. Jahrhundert setzte sich die Kippa (hebr.: Kopfbedeckung) unter den europäischen Juden durch und wurde zum religiösen Symbol. Dabei ist nicht die runde Mütze selbst entscheidend, sondern, dass fromme Juden ihr Haupt bedecken. Das jüdische Gesetz (Halacha) verpflichtet Jungen und Männer dazu, etwa beim Beten, in der Synagoge oder beim Studium der Religion den Kopf zu bedecken.


  • Religiöse Kopfbedeckungen

    Mitra

    Die Mitra (deutsch: Stirnbinde) ist die liturgische Kopfbedeckung der Bischöfe (Bischofsmütze) – vor allem in der römisch-katholischen Kirche. Sie kam im 11. Jahrhundert auf. An Stirn- und Nackenseite befindet sich jeweils ein auf dem Kopf stehender Schild. Das Innenfutter der Mitra ist einer Mütze ähnlich. Zwei nach hinten hängende Bänder symbolisieren das Alte und das Neue Testament.


  • Religiöse Kopfbedeckungen

    Dastar

    Dastar heißt der Turban der Sikhs, einer monotheistischen Religion, die im 15. Jahrhundert im Punjab (Nordindien) gegründet wurde. Der Dastar wird vorwiegend von Männern in verschiedenen Farben getragen. Weiß gilt als Farbe der Weisheit – Orange ist eine typische Farbe der Sikhs. Der Dastar wird jeden Morgen neu gebunden und verdeckt die aus religiösen Gründen ungeschnittenen Haare der Sikhs.


  • Religiöse Kopfbedeckungen

    Tschador

    Tschador bedeutet so viel wie “Zelt”. Es handelt sich um ein großes, meist dunkles Tuch in Form eines umsäumten Halbkreises, das als Umhang um Kopf und Körper gewunden wird. Nur das Gesicht oder Teile davon werden freigelassen. Getragen wird der Tschador allem von religiös konservativen muslimischen Frauen im Iran – und zwar über der übrigen Kleidung.


  • Religiöse Kopfbedeckungen

    Nonnenschleier

    Ordensfrauen tragen fast immer einen Schleier, der Teil des kompletten Gewandes ist. Bei Novizinnen ist der Schleier meist weiß, nach dem Ordensgelübde in der Regel schwarz oder er hat die Farbe des Habits. Diese Schleier haben je nach Orden unterschiedliche Formen. Sie reichen von einer vollständigen Bedeckung von Haaren und Hals bis zu einer auf die Haare aufgesteckten leichten Kopfbedeckung.


  • Religiöse Kopfbedeckungen

    Kopftuch (islamisch)

    Ist das Kopftuch eine religiöse Kopfbedeckung oder ein Instrument zur Unterdrückung der Frau? Über diese Frage wird besonders in westlichen Gesellschaften immer wieder heftig diskutiert. Fest steht, dass das Kopftuch die wohl bekannteste Variante für die Verhüllung und Abschirmung der Frau ist. Türkinnen (s. Bild) binden das Kopftuch etwas anders als die Frauen aus dem arabischen Raum.


  • Religiöse Kopfbedeckungen

    Scheitel

    Die ultraorthodoxe jüdische Glaubensgemeinschaft der Satmarer Chassiden hat eine paradoxe Vorschrift für Frauen. Alle verheirateten Frauen der Sekte müssen sich ihr echtes Haar abrasieren und eine Perücke (jiddisch: Scheitel) tragen. Die US-amerikanisch-deutsche Autorin Deborah Feldman schreibt darüber in ihrem bewegenden autobiografischen Debütroman “Unorthodox”.


  • Religiöse Kopfbedeckungen

    Birett

    Stoff und eingelegte Pappstreifen, in der Mitte eine Quaste und fertig ist das Birett. Die Kopfbedeckung für römisch-katholische Geistliche ist vierkantig und etwa seit dem 13. Jahrhundert bekannt. In Deutschland, England, Frankreich und in den Niederlanden hat es vier, in anderen Ländern drei Hörner oder bogenförmige Aufsätze. Don Camillo lässt grüßen.


  • Religiöse Kopfbedeckungen

    Tagelmust

    Ein Tagelmust ist ein mit einem Schleier kombinierter Turban, der von Tuareg-Männern in verschiedenen Staaten Westafrikas getragen wird. Er kann bis zu 15 Meter lang sein. Den Tagelmust erhält, wer im Alter von 15 bis 17 Jahren in die Erwachsenenwelt eintritt. Er darf von nun an beten, rituelle Waschungen vornehmen und zur Koranschule gehen. In der Sahara ist er zugleich Kopf- und Atemschutz.


  • Religiöse Kopfbedeckungen

    Schtreimel

    Samt mit einem breiten Pelzrand, in der Regel Zobelschwänze – das sind die Materialien, aus denen Schtreimel gefertigt werden. Meist wird diese jüdische Kopfbedeckung von verheirateten Männern während religiöser Feste und Feiern getragen. Der Schtreimel entstand in chassidischen Gemeinschaften Südosteuropas (Rumänien, Ungarn u.a.). Diese Tradition ist durch die Shoah in Europa fast ausgestorben.


  • Religiöse Kopfbedeckungen

    Hut und Haube

    Die Amischen haben ihre Wurzeln in der reformatorischen Täuferbewegung, vor allem der Schweiz und Süddeutschlands. Seit dem frühen 18. Jahrhundert wanderten viele nach Nordamerika aus, wo sie seitdem Glaubensfreiheit genießen. Durch ihren Glauben bringen sie vor allem die Demut zum Ausdruck. Das spiegelt sich auch in ihrer einfachen Kleidung. Männer tragen Filz- oder Strohhüte, die Frauen Hauben.

    Autorin/Autor: Klaus Krämer


ld/suc (bonn.de, kna, dpa)