Tour: Julian Alaphilippe gelingt ein Doppelschlag

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Nach dem WM-Titel der nächste Grund zur Freude für Frankreich: Julian Alaphilippe holt den ersten französischen Etappensieg bei der Tour de France. Dahinter bietet das Sky-Team um Chris Froome ein gewohntes Bild.

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Alaphilippe lässt Frankreich erneut jubeln

Solosieg in den Alpen: Julian Alaphilippe gewinnt nach überragender Leistung die 10. Etappe der Tour in Le Grand-Bornand und kann bereits einige Kilometer vor dem Ziel jubeln. Mit ausgestreckter Siegerfaust rollt er über den Zielstrich und landet damit gleich einen zweifachen Erfolg: Denn neben dem Tagessieg übernimmt er auch das Bergtrikot. Sein Triumph in Le Grand-Bornand ist der erste französische Etappensieg bei der Tour de France 2018, die nach dem WM-Sieg der französischen Fußballer nun wieder in den Fokus der Öffentlichkeit des Gastgeberlandes rückt. 

Alaphilippe gehörte zu einer 21-Fahrer starken Ausreißergruppe, die sich bereits zeitig nach dem Start am Lac d’Annecy auf den Weg machte. Wie so häufig in den vergangenen Jahren ging auch Weltmeister Peter Sagan mit in diese Kopfgruppe und holte sich planmäßig am ersten Zwischensprint die Punkte für sein Grünes Trikot, das mit mehr als 100 Punkten Vorsprung bereits ziemlich sicher auf seinen Schultern sitzt. Der Franzose Julian Alaphilippe lies zunächst anderen Fahrern am Col de la Croix Fry (1447 Meter hoch) den Vortritt und wartete auf den richtigen Moment für einen Vorstoß. Nach der rund zwei Kilometer langen Naturstraßen-Passage am Col des Glières (1390 Meter, siehe Fotos) wurden am vorletzten von fünf kategorisierten Anstiegen, dem Col de Romme (1297 Meter), einigen Konkurrenten die Beine schwer und Alaphilippe attackierte. Neben den Bergpunkten auf dem Gipfel hatte er sich einen schönen Vorsprung erarbeitet, den er am folgenden Col de la Colombière (1618 Meter) weiter ausbauen konnte. Nach der steilen Abfahrt in den Zielort Le Grand Bornand konnte sich der Fahrer aus der in diesem Jahr dominierenden Quickstep-Mannschaft (schon jetzt unglaubliche 51 Saisonsiege) bereits früh von seinen Landsleuten entlang der Strecke feiern lassen. 

Greg Van Avermaet verteidigte sein “Gelbes” offensiv

“Ich habe viele Emotionen in mir. Ich war schon einmal dicht dran am Sieg, jetzt habe ich ihn. Das hat richtig Spaß gemacht heute”, freute sich der 26 Jahre alte Alaphilippe, der seit seinem Profidebüt 2013 zwar schon einige schöne Erfolge feiern konnte (unter anderem Kalifornien-Rundfahrt, Flèche Walonne und den Vize-Europameister-Titel), aber eben noch keinen auf heimischen Boden bei der Tour. “An der Mûr de Bretagne war ich bereits Vierter, da waren die Beine nicht so gut. Ich hätte nicht gedacht, dass ich diese Etappe heute gewinnen kann.”

Kampf um Gelb: Greg van Avermaet holte Zeit auf die Favoriten heraus

Hinter ihm gab es jedoch einen zweiten Tagessieger in der Ausreißergruppe: Greg Van Avermaet. Der Olympiasieger von Rio de Janeiro hatte sich als Träger de Gelben Trikots in die Spitzengruppe gemogelt, um so seinen Vorsprung auf die Favoriten im Kampf um den Gesamtsieg zu verteidigen. Am Ende war Angriff die beste Verteidigung, denn van Avermaet baute seinen Vorsprung mit einem Kraftakt sogar noch weiter aus: Als Tagesvierter hinter Alaphilippe, Jon Izagirre Insausti (Spanien) und Reine Taaramae (Estland) hatte der Belgien zwar 1:44 Minuten Rückstand auf den französischen Etappensieger, aber auch 1:29 Minuten Vorsprung auf die Gruppe der Favoriten um Chris Froome (Großbritannien). 

Sky verkleinert die Favoritengruppe

Dessen Sky-Mannschaft hielt den gesamten Tag über hinter den Ausreißern das Tempo hoch, “eliminierte” mit dieser konstanten Arbeit sogar einen der großen Konkurrenten für die Sky-Doppelspitze Chris Froome und Geraint Thomas: Der Kolumbianer Rigoberto Uran, Vorjahreszweiter der Tour de France, verlor gezeichnet von einem Sturz auf der Kopfsteinpflaster-Etappe von Roubaix früh den Kontakt und liegt nun mit über sieben Minuten Rückstand bereits außerhalb der Reichweite des Gelben Trikots. Kurz vor der letzten Passhöhe am Col de la Colobière setzte Mûr-de-Bretagne-Etappensieger Dan Martin (Irland) einen explosiven Antritt, dem nicht alle folgen konnten. Einige Mitfavoriten verloren an Boden, darunter Bob Jungels (Luxemburg), Ilnur Zakarin (Russland) oder Rafal Majka (Polen). 

Während das von Sky gelenkte Favoritengrüppchen um Chris Froome, der auf dieser ersten Bergetappe der Tour aufgrund seines starken Teams nicht ein einziges Mal selbst in Aktion treten musste, den Abstand nach vorne begrenzen konnte, darf sich van Avermaet tatsächlich ein weiteres Mal über das Gelbe Trikot freuen. Mit nun 2:22 Minuten führt er vor Geraint Thomas (Großbritannien) und mit 3:10 Minuten vor Alejandro Valverde Belmonte (Spanien). Chris Froome ist aktuell 15. der Gesamtwertung mit 3:23 Minuten Rückstand auf den belgischen Spitzenreiter. Klassikerspezialist van Avermaet, der schon in der Vergangenheit mit seinen Kletterqualitäten bei der Tour beeindruckte, darf sich also Hoffnungen machen, das Trikot noch etwas länger zu verteidigen: Dass er einen derartigen Coup wie heute wiederholen wird, ist zwar unwahrscheinlich. Aber mit einer starken Leistung könnte er das Gelbe Trikot vielleicht sogar ins Ziel der zweiten Alpen-Etappe am Mittwoch von Albertville auf die Skistation La Rosière retten. Die deutschen Starter spielten im Rennen um den Tagessieg keine Rolle – im Gegenteil: Vor allem die Sprint-Spezialisten um Marcel Kittel und André Greipel kämpften nur darum, im Zeitlimit ins Ziel zu kommen.