Architekt der Stille: Peter Zumthor wird 75

0
330

Der Schweizer Peter Zumthor gilt als einer der bedeutendsten lebenden Architekten. Berühmt wurde er mit Bauten wie der Therme in Vals, dem Kunsthaus Bregenz oder dem Kolumba-Kunstmuseum in Köln.

Die Liebe zum Handwerk und zum Material, später ein wichtiger Bestandteil seiner Architektur, wurde Peter Zumthor buchstäblich in die Wiege gelegt: Der zukünftige Stararchitekt ist Sohn eines Schreinermeisters. 1943 in Basel geboren, macht Peter Zumthor zunächst eine Ausbildung als Möbelschreiner bei seinem Vater Oscar, anschließend studiert er ab 1963 an der Schule für Gestaltung in Basel Innenarchitektur und Design. In New York schließt er sein Studium in den Fächern Architektur und Industrial Design am renommierten Pratt Institute ab.

Anfänge als Denkmalpfleger

Nach seiner Rückkehr in die Schweiz arbeitet Zumthor zehn Jahre lang für die kantonale Denkmalpflege in Graubünden. Dabei lernt er diverse rustikale Baumaterialien und traditionelle Handwerksverfahren kennen. 1979 gründet er schließlich ein eigenes Architekturbüro in Haldenstein bei Chur, mit dem er bald erste Erfolge feiert.

Zumthors Stil ist minimalistisch und von großer Klarheit geprägt. Seine Bedeutung für die Architektur ist besonders auf seinen großen Respekt vor dem Handwerk und der Umgebung eines Baus zurückzuführen. Beide Aspekte kommen in jedem seiner Werke zur Geltung. Die Umgebung inspiriert und prägt Zumthors Architektur, die regionalen handwerklichen Traditionen werden, wenn möglich, eingebunden. 1997 lobt die Wochenzeitung DIE ZEIT seine “stets vom Ort inspirierte, ausdrücklich zeitgenössische Architektur von eigenwilliger Schönheit und Selbstverständlichkeit”.

Die Bruder-Klaus-Feldkapelle in der Nordeifel bei Mechernich-Wachendorf ist ein geradezu magischer Ort der Andacht

Zumthor selbst beschreibt sein Architekturverständnis wie folgt: “Wenn Konstruktion, Funktion und Schönheit zusammenfallen, wenn sich alles so zusammenfügt, dass sich das Einzelne nicht mehr herauslösen lässt, dann stimmt ein Bau, dann hat ein Haus die Qualität eines Werkzeuges, ist damit also ein Ding, dessen Form uns selbstverständlich ist.”

Vorreiter der neuen “alpinen Architektur”

Mit der kleinen, steil am Hang über dem Dorf Sumvitg aufragenden Kapelle Sogn Benedetg sorgt Zumthor 1989 für eine Menge Aufsehen. Den großen internationalen Durchbruch feiert er 1996 mit dem Felsenthermalbad in Vals. Das mit graugrünem Gneis, Muranoglas und weiteren edlen Materialien realisierte Objekt wird schon zwei Jahre nach seiner Fertigstellung unter Denkmalschutz gestellt und macht Zumthor zum Wegbereiter einer neuen “alpinen Architektur”. Das 1997 eröffnete Bregenzer Kunsthaus, ein Kubus mit einer Fassade aus geätzten Glasschindeln, wird zu einem Meilenstein zeitgenössischer Architektur.

Die berühmte Glasfassade des Kunsthauses Bregenz

Größte Niederlage und größter Erfolg

Wenige Jahre später erlebt Zumthor seine größte Enttäuschung. Sein geplanter Bau für das NS-Dokumentationszentrum “Topographie des Terrors” in Berlin. 1993 mit dem 1. Preis des ausgeschriebenen Wettbewerbs bedacht und ab 1997 teilweise realisiert, wird sein Projekt im Jahr 2000 vorerst eingestellt wegen ständig steigender Kosten. Nach einer Machbarkeitsstudie kündigt das Land Berlin 2004 den Vertrag mit Peter Zumthor, die bis dahin realisierten Treppentürme werden eingerissen und das Projekt neu ausgeschrieben.

Zumthors internationaler Durchbruch: die Therme in Vals

Doch allen Rückschlägen zum Trotz geht Zumthors Erfolgsgeschichte in der Folge weiter, auch in Deutschland. Ob die Bruder-Klaus-Feldkapelle in der Eifel,  das “Kolumba”-Museum in Köln (beide 2007 fertiggestellt), der Jahrespavillon der Londoner Serpentine Gallery (2011) oder der Erweiterungsbau des County Museum of Art in Los Angeles (2013) – Zumthors von tiefem Respekt vor dem Menschen und seiner Umwelt inspirierte Architektur ist weltweit enorm gefragt. Im Jahr 2009 erhält er schließlich den den Pritzker-Preis für sein Lebenswerk, den weltweit wichtigsten Preis für Baukunst. Sein Erfolgsrezept bringt Zumthor mit wenigen Worten wie folgt auf den Punkt: “Man macht ein Haus, in dessen Nähe man gerne sein würde. So wie es Menschen gibt, in deren Umgebung man gerne ist.” Peter Zumthor wird am Donnerstag (26.04.) 75 Jahre alt.