Weltkakaokonferenz: Niedrige Preise treiben Afrikas Kakaobauern in die Armut

0
237

Für Europas Verbraucher ist Schokolade süß, für Afrikas Bauern dagegen bitter: Der Weltmarktpreis für Kakao ist gefallen, viele Produzenten leben in bitterer Armut. Die Weltkakaokonferenz in Berlin ringt um Lösungen.

Sayina Riman wird sehnsüchtig, wenn er an die alten Zeiten denkt. “Als der Kakaopreis in den achtziger Jahren noch bei über 5000 US-Dollar lag, gehörten den Kakaobauern einige der schönsten Häuser in meiner Heimatgegend”, sagt Riman, der den Kakaoverband von Nigeria leitet. Er ist einer der knapp 1500 Delegierten, die zur Weltkakaokonferenz nach Berlin gekommen sind.

Es ist kein angenehmes Treffen, denn: “Die Zukunftsfähigkeit des Kakaosektors steht auf dem Spiel”, warnt Jean-Marc Anga, Direktor der Internationalen Kakao-Organisation.

Grund sind die niedrigen Kakaopreise. Auf dem Weltmarkt liegen sie aktuell bei knapp 2200 Euro die Tonne, im Krisenjahr 2016 sogar noch darunter. Afrikas Bauern und ihre Regierungen sagen: Das ist viel zu wenig.

Rund 1500 Delegierte nehmen an der Weltkakaokonferenz in Berlin teil

“Wir brauchen Preise, von denen die Bauern leben können”, klagt Souleymane Diarrassouba, Handelsminister der Elfenbeinküste. Das Land ist der größte Kakaoexporteur weltweit.

Doch die Bauern haben davon wenig: Sie verdienen pro Kopf weniger als einen halben Euro am Tag. Afrikanische Delegierte warnen vor den Folgen: Kinderarbeit beispielsweise, weil sich Bauern keine Erntehelfer mehr leisten können. Auch die lokalen Ökosysteme sind bedroht. Bauern roden immer mehr Waldflächen und legen Plantagen an, um mehr Kakao anbauen zu können.

Kann mehr fair gehandelte Schokolade helfen?

Der Ärger über die Hauptabnehmerländer Europa und USA ist auf der Konferenz deutlich zu spüren. Die Weltmarktpreise seien völlig intransparent, schimpfen afrikanische Teilnehmer. Einige Regierungen erwägen, ein Bündnis nach Vorbild der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) zu gründen. Ähnlich wie die OPEC könnten sie so mehr Einfluss auf die Preisgestaltung nehmen. 

Die Bundesregierung will mehr Schokolade aus nachhaltiger Produktion

Die Bundesregierung denkt dagegen in eine andere Richtung. Deutschland ist eines der wichtigsten Konsumländer für afrikanischen Kakao, knapp neun Prozent werden hier verbraucht. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) will, dass mehr Schokolade aus nachhaltigem Kakao produziert wird. Weltweit ist rund ein Viertel des Kakaos zertifiziert, in Deutschland sind es 45 Prozent. Bis 2020 sollen es 70 Prozent sein, sagt Klöckner auf der Weltkakaokonferenz.

“Unser Ziel muss es sein, dass Kakaobauern ihren Lebensunterhalt decken können, ohne ihre Kinder auf Plantagen schicken zu müssen”, so die Ministerin. Doch noch hat sie keinen konkreten Plan, wie dieses Ziel erreicht werden soll.

Video ansehen 02:02 Teilen

Kakaopreis im Keller

Versenden Facebook Twitter google+ Tumblr VZ Mr. Wong Xing Webnews Yigg Newsvine Digg

Permalink http://p.dw.com/p/2dUJ8

Kakaopreis im Keller

In Afrika trifft die Idee auf Skepsis. Weltweit gibt es eine Reihe Siegel mit jeweils eigenen Umwelt- und Sozialstandards. Sie werden von privaten Verbänden oder Firmen angeboten und sind kostenpflichtig.

“Die Zertifizierung ist sehr teuer. Wer wird dafür zahlen?” fragt Kameruns Handelsminister Luc Magloire Mbarga Atangana.

Er fordert neue Handelsbeziehungen zwischen Europa und Afrika. “Wir haben mit unseren Handelspartnern Abkommen geschlossen und unsere Märkte für ausländische Produkte geöffnet — in der Hoffnung, dass dafür unsere Produkte besseren Zugang zu den europäischen Märkten bekommen. Einige Grenzen hat man abgebaut, dafür sind andere dazugekommen.”

Unternehmen sollen Bauern mehr zahlen

Vertreter der Zivilgesellschaft wollen auch internationale Schokoladenkonzerne stärker in die Pflicht nehmen. Drei Firmen haben die Kapazität, zwei Drittel der Welternte zu verarbeiten: Barry Callebaut aus der Schweiz, Cargill aus den USA und Olam International aus Singapur.

Viele Kinder arbeiten auf den Schokoladen-Plantagen in Westafrika

“Viele Unternehmen merken, dass die Bäuerinnen und Bauern durch die fallenden Weltmarktpreise viel weniger verdienen als vorher”, sagt Friedel Hütz-Adams, Kakaoexperte beim Südwind-Institut. “Wir brauchen Mechanismen, um diese Risiken abzufangen. Das könnte dadurch geschehen, dass man Bauern eine höhere Prämie zahlt, wenn der Weltmarktpreis fällt. Damit würde man das Risiko teilen, das Bauern und Unternehmen haben.”

Vier Tage dauert die diesjährige Weltkakaokonferenz. Am Mittwoch soll eine Deklaration mit Forderungen verabschiedet werden. Bauern wie Sayina Riman hoffen, dass diese Forderungen ein Schritt in die richtige Richtung sein werden.


  • Die bittere Seite der Schokolade

    Schatten über dem Endprodukt

    Der Kunde sieht bei den Pralinen und Schokoladen Produkten erst einmal nicht, unter welchen Voraussetzungen vielfach der Kakaoanbau vonstatten geht. Konzerne wie Nestlé versuchen gegenzusteuern. Sie kaufen Kakao nach eigenen Angaben nur noch über Händler, die Kakaobohnen aus Betrieben ohne Kinderarbeit handeln.


  • Die bittere Seite der Schokolade

    Schwerstarbeit mit neun Jahren

    Die neunjährige Moahé hat jahrelang in der Kakaoplantage ihres Vaters Unkrautvernichtungsmittel versprüht. Jeden Tag schleppte das zierliche Mädchen Wasser vom Dorfbrunnen nach Hause. Die Wasserbehälter waren schwerer als sie selbst. Bis vor kurzem war sie eines von rund zwei Millionen Kindern, die in Westafrika auf Kakaoplantagen arbeiten.


  • Die bittere Seite der Schokolade

    Der Kakaobauer

    Der Kakaobauer Fabrice Amangoua vor seinem Haus im Dorf Konan Yaokro im Süden der Elfenbeinküste. Er ist der Vater der neunjährigen Moahe. Amangoua baut auf drei Hektar Land Kakao an. Die guten Ernten weltweit ließen trotz der gestiegenen chinesischen Nachfrage die Preise sinken. Für Amanagoua keine gute Nachricht.


  • Die bittere Seite der Schokolade

    Unreife Kakaofrüchte

    Das Objekt der Begierde: Kakaofrüchte auf einer Plantage an der westafrikanischen Elfenbeinküste. Die Region ist weltweit führend bei der Produktion von Kakao. Rund 75 Prozent der geernteten Früchte stammen aus Afrika.


  • Die bittere Seite der Schokolade

    Stichprobe

    Regelmäßig wird die Qualität der Kakaobohnen überprüft. Wichtig ist der Feuchtigkeitsgrad der Ware. Schimmel und Rückstände können die Ernte vernichten oder geschmacklich beeinträchtigen.


  • Die bittere Seite der Schokolade

    Trocknung unter heißer Sonne

    Der Weg zur Praline ist für die Kakaobohnen lang. Nach der Ernte erfolgt erst einmal die Trocknung der Früchte. Danach kann das Produkt verpackt und verschifft werden. Der Lebensmittelkonzern Nestlé kauft inzwischen jährlich rund 47.000 Tonnen Kakaobohnen von Plantagen, die keine Kinder beschäftigen. Das entspricht etwa elf Prozent des weltweit pro Jahr von Nestlé gekauften Kakaos.


  • Die bittere Seite der Schokolade

    Aufklärung über Kinderarbeit

    Serge, ein Mitarbeiter der Internationalen Kakaoinitiative (ICI), informiert über die Gefahren der Kinderarbeit. Für die Familien ist das oft schwierig, denn die Arbeitskraft der Kinder wurde zuhause mit eingeplant. Die Kinderschutzprogramme der Konzerne greifen immer häufiger. Lücken klaffen aber noch bei der vernünftigen Entlohnung der Arbeiter unter ökologischen Standards.

    Autorin/Autor: Carsten Grün