Der HSV und das nicht vorhandene Vakuum

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Abstiegskampf ist nie schön. Aber wenn im Verein gegen- statt miteinander gearbeitet wird, ist Abstiegskampf noch viel weniger schön. Also: Der HSV ist immer für eine Pointe gut. Insgeheim plant man nun für Liga Zwei.

Er bekam tatsächlich Beifall. Das lag daran, dass sich Zuschauer in einem TV-Studio üblicherweise deutlich besser benehmen als – sagen wir einmal – vermummte Schläger nach einer Heimniederlage des HSV gegen Hertha BSC. Bernd Hoffmann, der neue starke Mann bei den Hamburgern, hatte sich beim Ausflug seines Klubs nach München jüngst noch vorhalten lassen müssen, seinen Resturlaub fortgesetzt und sich die Pleite der HSV-Spieler bei den Bayern erspart zu haben. Doch jetzt ist Hoffmann, Vereinspräsident und Aufsichtsratschef in einer Person, da. Fast könnte man sagen: Wer auch sonst? Ohne Vorstandschef und Sportdirektor, beide freigestellt, taumelt der Traditionsklub weiter der Abstiegstristesse entgegen.

Also saß Hoffmann da in einem TV-Studio des Norddeutschen Rundfunks und gab zu, dass sich sein Klub in einer “veritablen Krise” befinde, einer “sehr großen Krise”. Warum man sich denn von den Sportverantwortlichen getrennt habe, ohne neue Sportverantwortliche nennen zu können? “Das ist eine Entscheidung gewesen, die sich nach vorne richtet, nämlich für die Neuaufstellung des HSV, und zwar Liga-unabhängig. Erste oder dann möglicherweise auch zweite Liga”, sagte Hoffmann in der Sendung “Sportclub”. “Hier ist kein Vakuum”, behauptete Hoffmann außerdem, er wolle die richtigen Entscheidungen treffen. Die richtigen Entscheidungen seien nicht zwangsläufig auch die schnellsten. Was das wieder alles kostet.

Kühne, hilf!

Ein Vakuum übrigens ist, nebenbei bemerkt, in der Physik die Abwesenheit von Materie in einem Raum. Vielleicht ist Materie gelegentlich auch durch Geldscheine zu ersetzen. Der Ober-Aufseher Hoffmann hatte vor seinem Amtsantritt im Februar von einer “dramatischen wirtschaftlichen Lage” beim HSV gesprochen, den Verbindlichkeiten von 105,5 Millionen Euro belasten. Da dürfte es künftig ans Eingemachte gehen. Der Verein wird, so oder so, Spieler verkaufen müssen. Was bleibt dann übrig von dem stolzen Klub, der es bislang verstanden hatte, stets erstklassig zu agieren?

HSV-Präsident Bernd Hoffmann will auf die Hilfe des umstrittenen Investors Klaus-Michael Kühne nicht verzichten

Hoffmann richtete bei seinem TV-Auftritt am Sonntagabend daher nicht umsonst das Augenmerk auf das Lizensierungsverfahren für die kommende Spielzeit. Auch im Falle eines Abstiegs in die 2. Fußball-Bundesliga sei er optimistisch und wolle dabei weiterhin auf die Hilfe von Investor Klaus-Michael Kühne setzen. “Wir kriegen es hin und werden eine Lizenz für die erste und zweite Liga bekommen”, sagte der Aufsichtsratschef Bernd Hoffmann: “Möglicherweise auch mit Hilfe von Herrn Kühne.”

Der HSV werde auch im kommenden Jahr “ein gutes Mitglied des bezahlten deutschen Fußballs” sein, sagte Hoffmann. Mit dem Investor und Milliardär Kühne pflege er in dieser Situation einen regelmäßigen Austausch. “Es ist wichtig, ihn mit im Boot zu haben”, betonte Hoffmann: “Ich habe immer gesagt, dass Herr Kühne ein ausgesprochen wichtiger Partner des HSV ist, und er wird es auch in den nächsten Jahren sein.”

Der maulende Grieche 

Und sportlich so? Unter dem neuen Trainer Christian Titz, bislang U21-Coach, und mit einer rundum verjüngten Mannschaft haben die Hanseaten am Samstag 45 Minuten lang beherzt Fußball gespielt. Symptomatisch die Leistung des jungen Keepers Julian Pollersbeck, der sein Team mehrfach mit Glanzaktionen vor Schaden durch die Gäste aus Berlin bewahrte. Dass die Hamburger zur Halbzeit sogar führten, bedeutete aber rein gar nichts. Denn die Hertha-Profis zeigten nach der Pause, wie schnell man diesen HSV-Kader auseinandernehmen kann. Völlig aus der Bahn geworfen, ergaben sie sich in die 1:2-Niederlage. letzter Tabellenplatz, Randale nach dem Abpfiff. Aus!

Kann das Elend auch nicht abwenden: Keeper Julian Pollersbeck beim Siegtreffer der Hertha

Aus? “Grundsätzlich ist eine positive Stimmung da, weil wir sehr viele Dinge gut gemacht haben”, sagte Trainer Titz hinterher. Von den Äußerungen des griechischen Verteidigers Kyriakos Papadopoulos wusste er da schon. Papadopulos, für das Spiel gegen die Hertha nicht berücksichtigt, maulte öffentlich: “Dass man die Erfahrenen, die letzte Saison den Klassenerhalt geschafft haben, nicht in die Mannschaft nimmt, kann ich nicht verstehen. Diese Aktion, immer etwas Neues zu versuchen, ist nicht das Beste.”

So sprach der von einigen als hüftsteif geschmähte Grieche und verabschiedete sich in die Heimat, zum Treffen mit seiner Nationalmannschaft. Titz kündigte an, er wolle mit Papadopoulos Kontakt aufnehmen und ihm sagen, was er von dessen Aktion halte. “Er hat sich ein Verhalten erlaubt, das so nicht geht.”, meinte Titz ruhig. Doch was kann der Trainer tun? Der Moderator im NDR-“Sportclub” sagte nur: “Er kann ja auch nicht alle herausschmeißen und mit der A-Jugend nach Stuttgart fahren.” Zumal Papadopoulos einer der wenigen Kandidaten ist, die dem HSV nach der Saison noch größere Transfereinnahmen bescheren sollen und könnten.