Noch kein wirksamer Impfstoff gegen Tuberkulose

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Tuberkulose ist weltweit die tödlichste Infektionskrankheit. Die Erkrankung ist noch immer weit verbreitet, gerade in ärmeren Ländern. Ein wirksamer Impfstoff kann Millionen von Menschenleben retten.

Deutsche Welle: Wie viele Menschen tragen den Erreger weltweit in sich und wie viele werden krank?

Prof. Stefan H. E. Kaufmann: Weltweit sind etwa 1,7 Milliarden Menschen infiziert. Das ist ein Viertel der Weltbevölkerung. Davon werden etwa zehn Prozent im Laufe ihres Lebens erkranken.

DW: Wie viele Menschen sterben an der Krankheit?

Ohne Behandlung stirbt etwa jeder Zweite bis Dritte an einer Tuberkulose. Es hängt also sehr davon ab, ob die Tuberkulose richtig behandelt werden kann. Dann ist das Risiko, dass sie zum Tod führt, äußerst gering. Weltweit sterben allerdings noch immer jedes Jahr etwa 1,7 Millionen Menschen an Tuberkulose. Damit ist TBC die tödlichste, ansteckende Krankheit überhaupt auf unserem Globus.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich selber einen Tuberkulose-Erreger in mir trage?

Die Wahrscheinlichkeit ist davon abhängig, ob Sie häufig in einem hoch endemischen Gebiet gelebt haben oder hauptsächlich in Deutschland. In Deutschland und anderen westeuropäischen Ländern ist die Chance gering. Das Risiko ist jedoch enorm hoch, wenn Sie sich weitgehend in hoch endemischen Gebieten aufgehalten haben – zum Beispiel in den Townships Südafrikas oder den Slums von Kalkutta.

Warum kann ich mich nicht einfach gegen Tuberkulose impfen lassen wie gegen die Grippe?

Weil die Immunantwort, die den Tuberkulose-Erreger bekämpft – also unsere körpereigene Antwort – sehr viel komplizierter ist als bei einer grippalen Infektion, also bei der Grippe. Und wir verstehen bis heute nicht, wie wir die Immunantwort gegen den Tuberkulose-Erreger am besten anstoßen können. Bei der Grippe handelt es sich in erster Linie um Antikörper, die man relativ gut stimulieren kann. Bei der Tuberkulose organisieren lebende Blutzellen – wir nennen sie T-Lymphozyten – die Abwehr. 

Es gibt also momentan keinen Impfstoff, der bei Erwachsenen wirksam ist?

Es gibt keinen Impfstoff für die Kontrolle der Tuberkulose bei Erwachsenen. Wir haben nur einen Impfstoff, der vor den schlimm verlaufenden Formen der Tuberkulose bei Kleinkindern und Neugeborenen schützt.

Stefan H.E. Kaufmann forscht an einem TBC-Impfstoff

Wie stark hängt Tuberkulose mit Armut zusammen?

Tuberkulose ist ganz sicher eine Krankheit der Armut. Unter schlechten Bedingungen wird sich die Tuberkulose besser ausbreiten. Es gibt auch mehr Tuberkulosefälle unter den Infizierten. Die Gründe dafür sind erstens: eine schlechte beziehungsweise eine ungenügende Ernährung. Zweitens: das Zusammenleben auf engstem Raum, wenn vielleicht zehn Familienmitglieder zusammen in einem Raum leben und schlafen. Und drittens ist die Lüftung sehr wichtig. Denn wo es keine Lüftung gibt, kann der Erreger besser eine andere Person anstecken. Dort, wo ein ordentlicher Windzug durch die Räume geht, wird der Erreger schneller hinausgetrieben. 

Mehr dazu: TBC-Früherkennung bei Flüchtlingen vordringlich

Warum ist Tuberkulose in osteuropäischen Ländern wie der Ukraine so weit verbreitet?

Da spielen sehr viele Faktoren zusammen. Sehr wichtig ist etwa die Auflösung der Sowjetunion, in der es ein stabiles Gesundheitssystem gab. Die Nachfolgeländer der Sowjetunion hatten ein viel schlechteres Gesundheitssystem. Hinzu kommt sicherlich auch noch der Afghanistankrieg, den die Sowjetunion geführt hatte. Damals gab es unter den Soldaten eine enorme Zunahme an HIV-Infektionen – und der Erreger von HIV/Aids unterstützt wesentlich auch den Ausbruch einer Tuberkulose.

Warum sind die Keime in solchen Ländern besonders schwer zu bekämpfen?

In vielen Ländern, besonders in Osteuropa, nimmt gerade die multiresistente Tuberkulose zu. Sie ist sehr viel schwerer zu bekämpfen. Das liegt auch wieder an der schlechten Gesundheitsversorgung. Die Menschen nehmen ihre Medikamente nicht regelmäßig ein. Sie hören oft schon nach zwei Monaten wieder auf, ihre Medikamente einzunehmen. Wir nennen das schlechte Compliance. Es ist nämlich so, dass bei der Tuberkulose über sechs Monate lang vier bis sechs Medikamente eingenommen werden müssen. Wenn man das nicht konsequent durchführt, kommt es zu resistenten Stämmen, die schwer oder gar nicht behandelt werden können.


  • Pfui, igitt, bäh, überall Keime!

    Es geht um die Art der Keime

    Nicht alle Keime sind gleich gefährlich. Bei Salmonellen, die etwa durch verdorbene Eier übertragen werden, muss ein gesunder Mensch gut 1000 schlucken, um krank zu werden. Bei Legionellen, die im feuchtwarmen Klima von Warmwasser-Anlagen entstehen, reichen bereits weniger als 100 eingeatmete Keime aus. Auch saubere Luft enthält schon hunderte von Bakterien und Pilzsporen.


  • Pfui, igitt, bäh, überall Keime!

    Stilles Örtchen ist meist sauberer als gedacht

    Auf einem Quadratzentimeter Toilettensitz befinden sich im Durchschnitt weniger als zehn Keime. Damit ist die Toilette einer der saubersten Orte schlechthin. Selbst manche Fensterscheibe ist stärker mit Keimen und Pilzen belastet, denn die wird nur einmal im halben Jahr gereinigt. Das WC hingegen in der Regel mehrmals die Woche.


  • Pfui, igitt, bäh, überall Keime!

    Keimmagnet Tastatur

    Viel schlimmer sieht es am Arbeitsplatz aus: Ein durchschnittlicher Schreibtisch enthält über 3000 Mikroben pro Quadratzentimeter – 400 mal mehr als ein Toilettenbecken. Am verkeimtesten ist die Computertastatur. Denn hier hat der Dreck beste Bedingungen um sich zwischen den Tasten und in den Ritzen festzusetzen. Über 10.000 Keime pro Quadratzentimeter sind an machen Tastaturen keine Seltenheit.


  • Pfui, igitt, bäh, überall Keime!

    Geld stinkt doch

    Geldscheine und Münzen wandern von Hand zu Hand. Bis zu 3000 verschiedene Keime haben New Yorker Forscher auf Geldscheinen genetisch identifiziert. Mit sensiblen Messmethoden kann man an den meisten Scheinen sogar Spuren von Kokain finden – weil sie gerne zum Schnupfen genutzt werden. Verkäufer sollten jedenfalls nie Lebensmittel und Geld nacheinander berühren.


  • Pfui, igitt, bäh, überall Keime!

    Brutkasten für Schimmelpilze

    Auch der vermeintlich saubere Kühlschrank enthält eine Vielzahl von Keimen. Das feuchte Klima und vorhandenes Fett und Zucker sind jedenfalls ideal für Schimmelpilze. Die finden auch bei regelmäßiger Reinigung noch irgendwo eine Nische – etwa hinter den Gummiabdichtungen der Türen.


  • Pfui, igitt, bäh, überall Keime!

    Risikogebiet Krankenhaus

    Besonders in Krankenhäusern muss penibel auf Handhygiene geachtet werden. Denn hier kann die Ausbreitung resistenter Bakterien schnell tödlich enden. Deshalb stehen in vielen Krankenhäusern – neben den Waschbecken mit Seife – auch Spender mit antibakterieller Lösung bereit. Vor dem Besuch beim Patienten heißt es dann: Hände desinfizieren.


  • Pfui, igitt, bäh, überall Keime!

    Gefährlicher Übeltäter

    “Methicilin resistenter Staphylokokkus aureus” (MRSA) nennt sich dieser hochgefährliche Keim. Die bekannten Antibiotika wirken hier nicht mehr. Auch ohne Nahrung kann der hartnäckige Eitererreger sieben Monate lang überleben – auf dem Fußboden, dem Tisch, am Bett, auf der Haut und natürlich auch auf den vielen Türklinken.


  • Pfui, igitt, bäh, überall Keime!

    Kupfer gegen Keime

    Eine Klinik in Harburg hat nun ein erfolgversprechendes Experiment gestartet, um die Keimbelastung an Türklinken zu verringern. Die Bakterien mögen nämlich Kupfer nicht. Die Keimanzahl hatte sich um etwa die Hälfte verringert. Das soll aber kein Ersatz fürs Händewaschen sein, denn es bleiben noch immer genug Keime übrig.


  • Pfui, igitt, bäh, überall Keime!

    Bitte nicht zu unfreundlich

    Sollen wir jetzt aufhören Hände zu schütteln? Im Krankenhaus wäre das vielleicht eine gute Idee, aber ansonsten wäre diese Vorsichtsmaßnahme übertrieben. Besser ist es da, auf ein gutes Maß an Hygiene zu achten: Immer wieder Hände waschen, regelmäßig Maus und Tastatur reinigen, nach dem Bezahlen nicht gleich das Essen anfassen und den Kühlschrank öfters mal auswischen!

    Autorin/Autor: Fabian Schmidt


Gibt es schon Stämme die gar nicht mehr zu behandeln sind?

Leider gibt es bereits extensiv resistente Stämme, die in der Theorie vielleicht noch behandelbar sind, in der Praxis aber nicht mehr. Sie müssen sich vorstellen: Patienten mit einer multiresistenten Tuberkulose müssen über zwei Jahre etwa 15.000 Pillen schlucken. Das ist enorm viel. Zum Teil werden die Medikamente nicht geschluckt, sondern müssen gespritzt werden. Man kann sagen: Die Katastrophe der Multiresistenz bahnt sich an, denn der Tuberkulose-Erreger kennt keine Grenzen. Er gelangt auch nach Europa. Wir sehen schon jetzt einen leichten Anstieg an multiresistenten Keimen. Wir können im Augenblick sehr wenig tun.

Ist es das Fernziel, dass man Tuberkulose in Zukunft ausrotten kann, wie etwa Pocken oder Kinderlähmung?

Das Fernziel wäre sicherlich die Elimination der Tuberkulose. Das wird aber noch sehr lange dauern. Ich denke, dass wir 30 bis 50 Jahre brauchen, um die Tuberkulose auf eine ganz niedrige Zahl zu reduzieren. Die WHO hofft, dass man das schon in den Jahren 2025 bis 2030 erreichen könnte. Ich bin da etwas zurückhaltender. Ob wir die vollständige Ausrottung erreichen werden, ist zur Zeit schwer zu beantworten.

Sie haben jetzt in Indien eine Studie mit einem neuen Impfstoff begonnen. Wie zuversichtlich sind Sie?

Indien ist eines der Länder, die von der Tuberkulose besonders geplagt werden. Wir schätzen, dass dort mindestens eine Million Menschen an Tuberkulose erkrankt sind. Und auch die Multiresistenz nimmt in Indien stark zu. Wenn unsere klinischen Studien erfolgreich verlaufen, dann hätten wir einen Impfstoff, der auch bei Erwachsenen wirkt. Für mich wäre das die Erfüllung eines großen Traums.

Professor Stefan H. E. Kaufmann ist seit 1993 Direktor am Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie und seit 1998 Professor für Mikrobiologie und Immunologie an der Charité in Berlin. 

Das Interview führte Andreas Neuhaus


  • Keine Chance für Viren und Bakterien – mit einem starken Immunsystem

    Buntes Treiben!

    Das Immunsystem braucht viele verschiedene „Treibstoffe“. Obst und Gemüse liefern sie. Ernähren Sie sich dabei möglichst bunt: Orangen, rote Paprika, grünes Blattgemüse, Blaukraut liefern ein buntes Potpourri an Vitaminen und viel natürliches Vitamin C.


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    Den Viren davon laufen!

    Wissenschaftliche Studien lassen darauf schließen, dass ein regelmäßiges Training der Muskeln (Joggen, Nordic Walking, Spazierengehen) schon ab dreimal die Woche für 20 Minuten, die Abwehr nachweislich steigert. Aber Achtung: Wer sich zu sehr auspowert, erschöpft auch sein Immunsystem.


  • Keine Chance für Viren und Bakterien – mit einem starken Immunsystem

    Stark schlafen!

    Ausreichender Schlaf sorgt nicht nur für Erholung. Während der Tiefschlafphasen werden Botenstoffe ausgeschüttet, die auch das Immunsystem mobilisieren.


  • Keine Chance für Viren und Bakterien – mit einem starken Immunsystem

    Spaß haben!

    Studien ergeben, dass gute Laune und Spaß am Leben ein starkes Immunsystem begünstigen. Lachen und Spielen bescheren nicht nur mehr Lebensqualität, sondern steigern ebenso die Abwehrkräfte!


  • Keine Chance für Viren und Bakterien – mit einem starken Immunsystem

    Stress vermeiden!

    Negativer Stress regt die Ausschüttung von Adrenalin und Cortisol an. Diese Hormone legen die Abwehr lahm. Ein bewusstes Stress- und Zeitmanagement trägt dazu bei, dass der Körper zur Ruhe kommt und neue Energie tanken kann. Gezielte Entspannungsübungen wie Meditation, autogenes Training und Yoga können das Immunsystem erheblich unterstützen.


  • Keine Chance für Viren und Bakterien – mit einem starken Immunsystem

    Spazieren gehen!

    Spaziergänge an der frischen Luft bringen wechselnde Temperaturreize und Bewegung – beides stimuliert die Abwehrkräfte. Zudem profitieren die Schleimhäute von der besseren Durchblutung und dank der höheren Luftfeuchtigkeit werden sie mit Virenattacken besser fertig.


  • Keine Chance für Viren und Bakterien – mit einem starken Immunsystem

    Vorsicht Zucker!

    Studien haben gezeigt, dass beim Verbrennen von kurzkettigem Zucker viele Vitamine verbraucht werden, die dem Körper dann nicht mehr zur Verfügung stehen.


  • Keine Chance für Viren und Bakterien – mit einem starken Immunsystem

    Warm und Kalt!

    „Wechsel-Duschen“ trainieren die Wärmeregulation und die Gefäße. Warm-kalt-warm-kalt heißt die Devise. Unterstützen kann man die Dusche durch eine kräftige Massage mit einem Massage-Schwamm oder einer Bürste. Das stimuliert das Immunsystem zusätzlich.