Batterien werden zu “Game Changer” im globalen Energiesystem

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Energiespeicher werden immer wichtiger, für Elektroautos und für eine klimafreundliche Energieversorgung. “Das sind Game Changer im globalen Energiesystem”, sagt Experte Tobias Federico und sieht ein starkes Wachstum.

Deutsche Welle: Derzeit treffen sich in Düsseldorf auf der wichtigen Energiespeichermesse, der “Energy Storage Europe” Experten aus aller Welt. Herr Federico, Sie sind ausgewiesener Experte für Energiemärkte und beobachten die Speichertechnologien. Wie ist die Entwicklung?

Bei den Lithium-Ionen-Batterien erwarten wir ein sehr starkes Wachstum. Diese werden für die Elektromobilität gebraucht und stationär. Im stationären Bereich gibt es noch weitere Speichertechnologien mit durchaus interessanten Anwendungsgebieten.

Wo werden diese Batterien produziert?

Die Batteriezellen werden weitestgehend im asiatischen Raum hergestellt, in Südkorea, Japan, China und in den USA gibt es auch eine gewisse Batteriezellenproduktion.

Dann werden die Batteriezellen zusammengefügt zu Paketen und da gibt es weitere Geschäftsmodelle. Die Hersteller von Elektrofahrzeugen bauen dann vor Ort ihre speziellen Batteriepakete entsprechend angepasst für die Autos  zusammen und ebenfalls werden so in den verschiedene Ländern die stationären Energiespeicher gebaut. Diese stationären Energiespeicher sind für die Stabilität im Stromnetz da und springen auch ein beim Kraftwerksausfall.

Moderne Stromversorgung auf des Insel Gracios (Portugal). Batterien halten hier schon die Stromversorgung stabil.

Energieexperten der Lappeenranta Universität in Finnland sagen in ihrer Studie, dass eine globale Stromversorgung mit 100 Prozent Erneuerbaren günstiger wird als die von heute. Batterien werden eine sehr große Rolle dabei spielen und 2030 über 100 Mal mehr Strom speichern als heute. Halten Sie das für realistisch?

Diese Dimension in einem 100 Prozent erneuerbaren Energie Szenario ist durchaus realistisch. Batterien aus dem Mobilitätssektor werden in Zukunft eine zweite Verwendung haben, wenn sie ihre Lebensdauer und ihre Leistungsfähigkeit in der Mobilitäts-Anwendung erreicht haben. Danach können diese Batteriespeicher noch weitere zehn Jahre im stationären Bereich arbeiten. Das heißt da kommen relativ große Anteile her.

Im Energiesystem mit etwa 100 Prozent Erneuerbaren müssen wir aber auch noch auf andere Speichertechnologien zurückgreifen. Das sind vor allem chemische Speicher wie Power to Gas. Aus Gleichstrom wird Wasserstoff und dann künstliches Methan (wie Erdgas) hergestellt. Das ist auch eine sehr interessante Technologie und für dieses Gas gibt es große Speichervolumen für die langfristige Energiespeicherung.

Schweizer Pilotanlage: Aus Solarstrom wird Wasserstoff und dann Methan. Das Erdgasfahrzeug wird damit betankt.

Ich sehe die Speicher in der gesamten Elektrizitätsversorgung als sogenannte “Game Changer”. Sie verändern die gesamte Struktur: Die Stromerzeugung folgt nicht mehr der Nachfrage. Speicher stellen die Energie jederzeit zur Verfügung.

Batterien sind das Herzstück der Elektromobilität. Was kostet ein Batteriesatz von 5000 Euro in zehn Jahren?

Das ist immer ein bisschen schwer abzuschätzen. Wir haben in der Vergangenheit immer bei hohen technologischen Anwendungen die Preisreduktion unterschätzt, vor allem bei der Photovoltaik. Heute kosten die Module im Vergleich nur noch ein Zehntel oder ein Zwanzigstel. Diese Preissenkung wird gerne übertragen. Wenn jetzt ein Batteriespeicher 5000 Euro kostet, so wären es dann in zehn Jahren nur noch 500 Euro.

Energieexperte Tobias Federico von Energy Brainpool

Ich bin da immer ein bisschen vorsichtig. Aber ich glaube wir haben noch viel Platz für Preissenkungen nach unten. Wenn die großen Batteriefabriken im Gigawattbereich produzieren werden wir signifikante Preissenkungen haben. 

Europäische Politiker wünschen sich eine Batterie-Zellproduktion in Europa. Derzeit hinkt Europa Asien und den USA hinterher. Kann Europa noch aufholen?

Ich halte es für relativ unwahrscheinlich weil der Vorsprung groß ist. Alle Versuche für eine europäische Zellproduktion sind eigentlich gescheitert, kürzlich gab auch Bosch diese Pläne auf.

Es ist ähnlich wie bei der Chip-Herstellung. Es gab auch hier in Europa ambitionierte Pläne und am Ende ist die Chipherstellung in anderen Ländern. Bei den Batteriezellen wird das auch der Fall sein. Das Geschäftsmodell der Batteriesysteme liegt aber eher in der Steuerung und Regelung als in der tatsächlichen Produktion. 

Sie sagen: “Okay dieser Kampf ist fast verloren. aber das ist gar nicht so schlimm?”

Ja. Der Mehrwert liegt in der intelligenten Anwendung von solchen Zellen, in der Software und nicht in der Hardware.

Sie erwähnten noch Power to Gas als wichtige Speichertechnologie. Wie sehen Sie hier die weitere Entwicklung?

Power to Gas ist technisch machbar und wird im Moment in etwas größeren Einheiten auch getestet und angewandt. Wir haben im Moment das Problem, dass die synthetische Gaserzeugung nicht wirtschaftlich ist.

Zum einen ist der Preis von Strom für die synthetische Gaserzeugung noch nicht niedrig genug, zum anderen ist Erdgas als Konkurrenzprodukt dafür nicht teuer genug. Man möchte das synthetisch erzeugte Gas wie Erdgas verkaufen und das lohnt sich noch nicht.

Deswegen sind wir hier noch in einem sehr frühen Stadium. Wenn wir uns aber die aber die weitere Entwicklung anschauen, die Veränderungen in der Preisstruktur durch viel fluktuierende Erneuerbare, dann werden wir in fünf bis zehn Jahren in einem Bereich kommen wo sich das Ganze wirtschaftlich rechnet.

Ich vermute, dass wir in den dreißiger bis vierziger Jahren über Power to Gas als die dominierende Speichertechnologie reden werden. In der kommenden Dekade reden wir über Batteriespeicher als das dominierende Speichersystem und dann wird dies durch Power-to Gas abgelöst, weil die langfristige Speicherkapazität viel größer ist. Wir können also dann über saisonale Speicher nachdenken. 

Tobias Federico gründete 2003 das Beratungsinstitut Energy Brainpool in Berlin. Der Ingenieur ist ausgewiesener Experte für den Energiemarkt und  Preisprognosen in Deutschland und Europa. Zudem beobachtet er intensiv die Einführung von neuen Technologien.

Das Interview führte Gero Rueter