Ein Leben als Gesamtkunstwerk: Yoko Ono feiert ihren 85. Geburtstag

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Als Ehefrau von John Lennon sorgte sie stets für Aufsehen. Aber sie ist mehr als nur seine Witwe. Yoko Ono gilt als Pionierin der Konzeptkunst, engagierte sich für den Frieden – und blieb dabei doch stets unnahbar.

  • Yoko Ono: Ein Leben in Kritik

    Die Frau der vielen Namen

    Yoko Ono muss ein dickes Fell haben, denn kaum ein anderer Mensch aus der Kunstwelt hat so viele Anfeindungen erlebt wie sie: Trennungsgrund der Beatles, ewige Witwe, meist gehasste Frau der Welt – das waren einige ihrer Titel. Ihre unnahbare Aura schien eine willkommene Bestätigung aller möglichen Vorbehalte gegenüber eigenständigen Frauen zu sein.

  • Yoko Ono: Ein Leben in Kritik

    Zusammen die Avantgarde gerockt

    1956 heiratete Ono, angeblich gegen den Widerstand ihrer Eltern, den japanischen Komponisten Toshi Ichiyanagi. Sie wirbelten die Avantgarde-Szene in New York auf, ehe der Musiker nach Tokio zurückkehrte. Als seine Frau ihm folgte, war die Beziehung wohl schon am Ende, Yoko Ono soll zudem unter Depressionen gelitten haben. In jener Zeit lernte sie den Produzenten Anthony Cox kennen.

  • Yoko Ono: Ein Leben in Kritik

    Kein Familienmensch

    Cox unterstützte die junge Künstlerin finanziell und wurde schließlich Onos zweiter Ehemann. 1963 kam die gemeinsame Tochter Kyoko zur Welt, was die sehr selbstbestimmte Yoko nicht zu Freudensprüngen veranlasste. Als sie John Lennon kennenlernte, ließ sie das Kind bei Cox. Der schloss sich einer Sekte an und tauchte unter – mitsamt Kind. Ono sah ihre Tochter erst wieder, als diese erwachsen war.

  • Yoko Ono: Ein Leben in Kritik

    Unsichtbare Hälfte

    “Half-A-Room” nannte Yoko Ono eine Kunstinstallation aus dem Jahr 1967. Sie stellte einen Wohnraum aus, in dem in Hälften geschnittene und weiß gestrichene Möbel standen. Damit thematisierte die Pionierin der Konzeptkunst den Verlust der Ganzheit des Menschen. Solche Leerstellen gibt es oft bei Yoko Ono, die damit den Betrachter auffordert, in seiner Vorstellung das Werk zu vollenden.

  • Yoko Ono: Ein Leben in Kritik

    Ein bisschen Frieden

    1970 gingen John Lennon und Yoko Ono zusammen ins Bett, um für den Frieden zu demonstrieren. Das Bed-In fand im Amsterdamer Hilton Hotel statt. Die Reaktionen waren gespalten, angesiedelt irgendwo zwischen weltvergessen und esoterisch. Kaum ein Zweifel schien für die Öffentlichkeit allerdings daran zu bestehen, dass John von Yoko beeinflusst worden war.

  • Yoko Ono: Ein Leben in Kritik

    Ein fauler Apfel

    John Lennon hält einen Apfel in die Höhe, an seiner Seite steht die Frau, in der viele Fans den faulen Apfel im Korb der Beatles sahen: Plötzlich tauchte Yoko Ono bei den Studioaufnahmen der Band auf und mischte sich in die Produktionen ein. Später gaben viele ihr die Schuld daran, dass die Gruppe zerbracht.

  • Yoko Ono: Ein Leben in Kritik

    Noch ein bisschen Frieden

    John Lennon und Yoko Ono wurden auch musikalisch ein Paar. Mitunter waren die Aufnahmen schwer zugänglich, auch weil Yoko Onos Stimme nicht eben für die breite Masse taugte. “Give Peace a Chance” aber – hier Bilder der Aufnahmen in Montreal – entwickelte sich zu einem großen Hit der beiden.

  • Yoko Ono: Ein Leben in Kritik

    Keine Grenzen

    Dass Yoko Ono Kunst und Leben nicht voneinander trennt, stellte sie ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes unter Beweis. Für das Cover ihres Albums “Season of Glass” platzierte sie Lennons blutverschmierte Brille auf einem Tisch in der gemeinsamen Wohnung mit Blick auf die Skyline New Yorks. Mit dem Album verarbeitete Ono den Verlust.

  • Yoko Ono: Ein Leben in Kritik

    Halbe Brüder

    Julian Lennon (links) ist Johns Sohn aus erster Ehe, dessen Verhältnis zu seiner Schwiegermutter Yoko stets unterkühlt gewesen sein soll. Rechts im Bild ist Sean Lennon zu sehen, der gemeinsame Sohn von Yoko Ono und John Lennon. Er war 5 Jahre alt, als sein Vater im Dezember 1980 ermordet wurde.

  • Yoko Ono: Ein Leben in Kritik

    Mit sich im Reinen

    Den Schatten ihrer Beziehung zu John Lennon wird Yoko Ono nicht mehr ablegen können, doch damit scheint sie sich arrangiert zu haben: Sie ist als Künstlerin anerkannt und verwaltet den Nachlass ihres dritten Ehemanns. 2010 brachte sie anlässlich des 30. Todestags und des 70. Geburtstags von John Lennon dessen Alben digital überarbeitet auf den Markt.

    Autorin/Autor: Torsten Landsberg


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    1970 gingen John Lennon und Yoko Ono zusammen ins Bett, um für den Frieden zu demonstrieren. Das Bed-In fand im Amsterdamer Hilton Hotel statt. Die Reaktionen waren gespalten, angesiedelt irgendwo zwischen weltvergessen und esoterisch. Kaum ein Zweifel schien für die Öffentlichkeit allerdings daran zu bestehen, dass John von Yoko beeinflusst worden war.

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    Ein fauler Apfel

    John Lennon hält einen Apfel in die Höhe, an seiner Seite steht die Frau, in der viele Fans den faulen Apfel im Korb der Beatles sahen: Plötzlich tauchte Yoko Ono bei den Studioaufnahmen der Band auf und mischte sich in die Produktionen ein. Später gaben viele ihr die Schuld daran, dass die Gruppe zerbracht.

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    John Lennon und Yoko Ono wurden auch musikalisch ein Paar. Mitunter waren die Aufnahmen schwer zugänglich, auch weil Yoko Onos Stimme nicht eben für die breite Masse taugte. “Give Peace a Chance” aber – hier Bilder der Aufnahmen in Montreal – entwickelte sich zu einem großen Hit der beiden.

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    Keine Grenzen

    Dass Yoko Ono Kunst und Leben nicht voneinander trennt, stellte sie ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes unter Beweis. Für das Cover ihres Albums “Season of Glass” platzierte sie Lennons blutverschmierte Brille auf einem Tisch in der gemeinsamen Wohnung mit Blick auf die Skyline New Yorks. Mit dem Album verarbeitete Ono den Verlust.

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    Halbe Brüder

    Julian Lennon (links) ist Johns Sohn aus erster Ehe, dessen Verhältnis zu seiner Schwiegermutter Yoko stets unterkühlt gewesen sein soll. Rechts im Bild ist Sean Lennon zu sehen, der gemeinsame Sohn von Yoko Ono und John Lennon. Er war 5 Jahre alt, als sein Vater im Dezember 1980 ermordet wurde.

  • Yoko Ono: Ein Leben in Kritik

    Mit sich im Reinen

    Den Schatten ihrer Beziehung zu John Lennon wird Yoko Ono nicht mehr ablegen können, doch damit scheint sie sich arrangiert zu haben: Sie ist als Künstlerin anerkannt und verwaltet den Nachlass ihres dritten Ehemanns. 2010 brachte sie anlässlich des 30. Todestags und des 70. Geburtstags von John Lennon dessen Alben digital überarbeitet auf den Markt.

    Autorin/Autor: Torsten Landsberg


Es ist ungerecht, einen Menschen vor allem über sein Verhältnis zu einer anderen Person zu definieren. Andererseits hat Yoko Ono den Bekanntheitsgrad ihres dritten Ehemanns bereitwillig dazu genutzt, ihre eigene Berühmtheit auszudehnen. Der Zusatz ihres Namens lautet daher meist: Witwe von John Lennon. Viele sehen in ihr zudem die Frau, die die Beatles auseinander brachte. Aber sie hat auch eine eigene Geschichte zu erzählen. 

Als Kind aus einem reichen Tokioter Familienhaus avancierte Yoko Ono Anfang der 1960er Jahre in New York zum vielversprechenden Talent der künstlerischen Avantgarde. Zu ihren bekanntesten Performances zählt “Cut Piece” aus dem Jahr 1964: Die Künstlerin saß mit einem feinen Kleid auf der Bühne, vor ihr ausgebreitet lagen mehrere Scheren, die dem Publikum schließlich dazu dienten, Teile aus ihrer Kleidung zu schneiden. Ihre unnahbare Aura schien immer auch Teil einer Gesamtperfomance zu sein.

Längst wird Ono als Pionierin der Konzeptkunst mit Ausstellungen in den bedeutendsten Museen der Welt gefeiert. An ihrer Rolle als prägende Figur der Fluxus-Bewegung im New York der 1960er Jahren wird nicht gezweifelt. Zu ihren bedeutenden Einflüssen zählten die Arbeiten des Objektkünstlers Marcel Duchamp und des Komponisten John Cage, einem Erfinder neuer Hörerfahrungen und Vorreiter der Neuen Musik. Die beiden lernten sich in New York kennen, durch dessen Studenten Toshi Ichiyanagi – Onos ersten Ehemann.

Die Biennale in Venedig ehrte sie 2009 für ihr Lebenswerk, es heißt, sie sei häufig nur deshalb missverstanden worden, weil sie ihrer Zeit stets voraus gewesen sei. Sogar ihr musikalisches Schaffen findet inzwischen Anerkennung. Nur für die Herzen der Menschen hat es nie wirklich gereicht. Das mag auch an ihrer, inbesondere für die damalige Zeit, sehr rigoros ichbezogenen Einstellung zum Privat- und Familienleben liegen, auch hier schien sie unnahbar zu sein.

Verlust der Tochter

In späteren Interviews räumte Yoko Ono ein, zu ihren beiden Kindern – Kyoko Chan Cox aus ihrer zweiten Ehe mit Anthony Cox und Sean Lennon aus der Ehe mit Ex-Beatle John Lennon – ein eher distanziertes Verhältnis zu pflegen. Ihre erste Schwangerschaft sei nicht geplant gewesen und habe ihr das Gefühl der Freiheit genommen. Die bekam sie nach der Trennung von Cox auf drastische Weise zurück: Sie überließ dem Ex-Mann die Tochter, um sich der neuen Beziehung zu Lennon widmen zu können. 1971 tauchte Cox, der sich einer Sekte angeschlossen hatte, schließlich mit dem Mädchen unter. Erst Mitte der 1990er Jahre nahm Kyoko Kontakt zu ihrer Mutter auf.

John Lennon traf sie 1966 in London, als der Musiker eine ihrer Ausstellungen besuchte. Zwei Jahre später begannen sie eine Affäre und Ono begleitete Lennon zu den Aufnahmen für das “White Album” der Beatles ins Studio, womit er den bislang geltenden Kodex brach, keine Partnerinnen mitzubringen. Bald zeigte sich, wie notwendig dieser Kodex gewesen war: Ono mischte sich – durch Lennon ermutigt – in die Aufnahmen ein.

Die Beatles im Jahr 1968

“Ich bin in sie verliebt”, sagte Lennon Ende der 1960er Jahre der versammelten Presse, während Yoko Ono daneben saß und zu diesem Thema schwieg. Schnell machte der Verdacht die Runde, der Musiker sei seiner sieben Jahre älteren Partnerin hörig. 1969 heirateten die beiden, ein Jahr später kündigte Paul McCartney an, die Beatles zu verlassen, nicht ohne zu erwähnen, dass Johns Hang zu Yoko durchaus einen Anteil an seiner Entscheidung hatte. Ob und wie weit sich die Bandmitglieder schon vor dieser Beziehung voneinander entfernt hatten, musikalisch wie menschlich, das blieb offen. Die Öffentlichkeit war einverstanden, der Stempel, der Sargnagel der berühmtesten Band der Geschichte zu sein, trübt seitdem das Image von Yoko Ono.

Karikatur mit Hakenkreuz-Armbinde 

Zwar begnadigte McCartney Yoko Ono Jahrzehnte später in einem TV-Interview mit David Frost, als er sagte, dass Onos ständige Anwesenheit bei den Studioaufnahmen der Band nicht der Grund für deren Auflösung gewesen sei. Dass die anderen Beatles Yoko Ono argwöhnisch beäugten, widerlegte er aber nicht. Angeblich mutmaßten die früheren Pilzköpfe aufgrund Onos stechendem Blick, sie könne Gedanken lesen. Umgekehrt ist von Ono überliefert, sie habe es als Partnerin von Lennon mit drei Schwiegermüttern zu tun gehabt: Paul, George und Ringo. In der Beatles-Parodie “The Rutles – All You Need Is Cash” wird Yoko Ono als deutsche Künstlerin mit Hakenkreuz-Armbinde karikiert.

Auch die Beziehung von Ono und Lennon hatte zeitweise etwas von einer Kunstinszenierung: die “Bed-Ins” im Hotelbett, mit denen sie Frieden verkaufen wollten, oder die achtzehnmonatige “Lost Weekend”-Periode, eine Ehe-Auszeit, die Ono verordnet hatte, indem sie ihren Mann zusammen mit ihrer Assistentin nach Los Angeles schickte, wo er sich Alkohol, Groupies, Drogen und eben jener Assistentin hingab.

In Bed with Lennon: Mit der berühmten Protestaktion “Bed-in” warben Yoko Ono und ihr Mann für den Frieden

Zwei Jahre später wurde Yoko Ono, damals 42, schwanger. Ihre Begeisterung soll sich in Grenzen gehalten haben. Später bezeichnete sich Ono als Frau, die nicht zu Hause beim Kind bleiben wollte, als Verlasserin und Macho. Vater John soll dem gemeinsamen Sohn Sean in den folgenden Jahren Brot gebacken haben, die Mutter kümmerte sich um die Geldanlagen und Vermarktung ihres Mannes.

Als John Lennon und Yoko Ono am 8. Dezember 1980 von Studioaufnahmen zurückkehrten, erschoss der obsessive Fan Mark David Chapman sein Idol Lennon vor dem Dakota Building in New York, in dem Ono heute noch lebt. Dass Kunst für sie keine Grenzen kennt, bewies Ono 1981, als sie auf dem Cover ihres Soloalbums “Season of Glass” die vom Attentat blutbespritzte Brille ihres Mannes abbildete.

In letzter Zeit machte Yoko Ono wieder von sich reden, als sie gegen einen Hamburger Kneipenwirt klagte, der seine Bar 19 Jahre zuvor “Yoko Mono” genannt hatte. Sie sah ihre Namensrechte verletzt. Altersmilde ist Yoko Ono anscheinend auch mit 85 Jahren noch nicht geworden.