Die SPD: Fakten zu den Genossen

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Verhandeln bis zur “Schmerzgrenze”, Mitgliederschwund und Rekordtief bei den Wahlen: In einer so schwierigen Lage war die SPD wohl selten. Die DW liefert einen Überblick zu einer Partei in Entscheidungsnot.

Letzte Vorbereitungen für den SPD-Parteitag in Bonn: Die Flaggen werden gehisst

Vor über 150 Jahren gegründet, ist die SPD die älteste Partei Deutschlands – eine Geschichte, auf die viele Genossen stolz sind. Doch welche Rolle die SPD in Zukunft einnehmen kann, ist unklar. Kommt die “GroKo” mit der Union – oder nicht? Wie steht die Partei da?

Was entscheidet der SPD-Parteitag?

Der Parteitag bestimmt als höchstes Organ der SPD die Grundlagen der Politik, verabschiedet das Parteiprogramm, wählt den Vorstand und beschließt über die Satzung. An diesem Sonntag soll der Parteitag in Bonn nicht nur darüber entscheiden, ob es eine neue große Koalition mit der Union gibt.

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Der SPD-Sonderparteitag an diesem Sonntag in Bonn ist die entscheidende Hürde für neue Koalitionsverhandlungen mit der Union. Eine Zustimmung ist keineswegs sicher. Doch es geht letztlich um weit mehr. (20.01.2018)

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Es geht auch um die Zukunft des Parteivorsitzenden Martin Schulz. Stimmten die 600 Delegierten in Bonn gegen das Sondierungspapier und damit gegen Koalitionsverhandlungen, bliebe Schulz vermutlich nur noch der Rücktritt.

Wie endeten große Kontroversen in der Vergangenheit?

1992 stimmten die Delegierten nach zwei Tagen Diskussion mit knapper Mehrheit einer Änderung des Grundrechts auf Asyl zu – und schrieben eine lange Liste mit Änderungswünschen, die nur zum Teil erfüllt wurden. 1997 ging es beim Parteitag um den sogenannten Lauschangriff – das heimliche Abhören von Gesprächen in Wohnungen. Ihm wurde ebenfalls nach tagelangen Diskussionen und dem Wunsch nach Nachbesserungen mit knapper Mehrheit entsprochen.

Beobachter glauben, dass es trotz des Widerstands bei Jusos und Parteilinken auch bei diesem Parteitag so laufen könnte: Eine knappe Mehrheit stimmt für die “GroKo” und fordert “Nachbesserungen”. Das Problem: Die Union hat bereits angekündigt, dass sie sich darauf nicht einlassen will.

Wie hat die SPD bisher regiert?

Die SPD regierte schon in unterschiedlichen Konstellationen, insgesamt 20 Jahre stellte sie den Bundeskanzler. 1966 wurde sie Juniorpartner in der großen Koalition unter Bundeskanzler Kurt Kiesinger (CDU), 1969 bildete sie eine sozialliberale Koalition unter SPD-Bundeskanzler Willy Brandt. In der Kanzlerschaft von Helmut Schmidt (1974 bis 1982) gerieten die Sozialdemokraten wegen der schwächelnden Wirtschaftslage und der Kritik an Atomenergie und Sicherheitspolitik unter Druck.

Koalitionsverhandlungen 1969: Willy Brandt mit Helmut Schmidt und FDP-Politikern im Kanzler-Bungalow

Nach Jahrzehnten in der Opposition gelang der SPD bei der Bundestagswahl 1998 mit Gerhard Schröder als Kanzlerkandidat die Rückkehr an die Regierung – gemeinsam mit Bündnis 90/Die Grünen. 2005 bis 2009 kam es zur zweiten großen Koalition mit der Union, 2013 bis 2017 zur dritten. Ob die vierte große Koalition folgen könnte, soll nun der außerordentliche SPD-Parteitag entscheiden.

Wer von der SPD regiert (noch) mit?

Sechs Bundesministerien führt die SPD: Sigmar Gabriel ist Außenminister und Vizekanzler, Brigitte Zypries zuständig für das Ressort Wirtschaft und Energie, Heiko Maas für die Bereiche Justiz und Verbraucherschutz, Katarina Barley amtiert als geschäftsführende Bundesministerin für Arbeit und Soziales sowie als Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Barbara Hendricks leitet das Umwelt- und Bau-Ressort.

Sigmar Gabriel und Brigitte Zypries: Zwei von sechs derzeitigen SPD-Ministern und -Ministerinnen

Die Bundesregierung wurde zwar im Oktober 2017 durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier entlassen. Doch so lange sich keine neue Regierung gefunden hat, bleiben die Minister geschäftsführend im Amt. Insgesamt kamen seit Beginn der Bundesrepublik mehr als 90-mal Minister aus den Reihen der SPD.

Bröckelt die Basis weiter?

Wie andere Parteien auch hat die SPD in den vergangen Jahrzehnten viele Mitglieder verloren. Rund 433.000 wurden Ende 2016 gezählt, Mitte der 1990er Jahre waren es noch 831.000. Trotz der knappen Halbierung hat die SPD mehr Mitglieder als die CDU. Nachdem Anfang Januar 2017 bekannt wurde, dass Martin Schulz kandidiert, gab es sogar Neueintritte. Zur Bundestagswahl wurden 446.000 Mitglieder gezählt.

Kurzzeitig griff der “Schulz-Effekt”: Anfang 2017 stiegen die Mitgliederzahlen bei der SPD

Der “Schulz-Effekt” dürfte vorbei sein, auch das Ergebnis des Parteitags könnte die Mitgliederzahlen drücken. Nach Zahlen des Umfrageinstituts Infratest Dimap lehnen rund 60 Prozent der SPD-Anhänger eine große Koalition ab. Stimmt der Parteitag aber zu, könnte das nicht nur die Mitgliederzahl, sondern auch das Ergebnis bei den nächsten Wahlen beeinflussen. Bei der Bundestagswahl 2017 kassierte die SPD mit 20,5 Prozent aller Wählerstimmen das schlechteste Ergebnis aller Zeiten. Dabei galt sie über Jahrzehnte als klassische Volkspartei: Zwischen 1953 und 1994 lag ihr Ergebnis nie unter 40 Prozent.

Wie finanziert sich die SPD?

Finanziell geht es der SPD gut. Keine andere Partei hat so hohe Einnahmen. Zu den wichtigsten Quellen zählen Mitgliedsbeiträge und staatliche Mittel zur Parteienfinanzierung. 2016 erhielt die SPD nach Bundestagsangaben rund 50 Millionen Euro vom Staat – im Parteienvergleich die höchste Summe. Das Parteiengesetz bestimmt über die Höhe der Zuwendung. Maßgeblich ist die “Verwurzelung der Parteien in der Gesellschaft”. Die wird zum einen daran gemessen, wie viele Stimmen eine Partei bei Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen bekommen hat. Zusätzlich werden Spenden und Mitgliedsbeiträge zugrunde gelegt. Die Summe der Mitgliedsbeiträge ist bei der SPD im Gegensatz zu anderen Parteien hoch. 2014 waren es knapp 50 Millionen Euro.

Gehörte zwischenzeitlich mehrheitlich der SPD: Die Frankfurter Rundschau

Parteispenden dagegen fallen bei der SPD – im Gegensatz zu CDU/CSU und FDP – eher gering aus. Nach Angaben der Bundestagsverwaltung gingen 2017 Parteispenden in Höhe von rund 350.000 Euro ein, unter anderem von Industriekonzernen wie Evonik und Daimler. Die SPD ist die einzige Partei in Deutschland, die sich auch an Medien beteiligt. Über die Medienholding der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft hat sie Beteiligungen an über 70 Zeitungen. Kurzzeitig war sie zu 90 Prozent an der Frankfurter Rundschau beteiligt, verkaufte jedoch 50 Prozent der Anteile wieder. Auch die Medienbeteiligungen spülen Geld in die Kassen: rund zwei Millionen Euro im Jahr.