“Alternative Fakten” ist Unwort des Jahres 2017

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Die Jury hat entschieden: “Alternative Fakten” sind “der verschleiernde Ausdruck für den Versuch, Falschbehauptungen als legitimes Mittel der öffentlichen Auseinandersetzung salonfähig zu machen”.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2017: “Alternative Fakten”

    Wer kennt sie nicht – die “alternativen Fakten” von US-Präsident Trump. Erstmals nahm seine Beraterin Kellyanne Conway im Januar 2017 diese Worte in den Mund, um in der Polit-Talksendung “Meet the Press” eine falsche Aussagen des damaligen Pressesprechers des Weißen Hauses, Sean Spicer, zu rechtfertigen: Es ging darum, dass die Amtseinführung Trumps angeblich die bestbesuchte überhaupt war.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2016: Volksverräter

    Das Unwort des Jahres 2016 wurde aus 594 Vorschlägen ausgewählt. Diese Vokabel “ist ein typisches Erbe von Diktaturen, vor allem der Nationalsozialisten”, urteilte die Jury 2016. Als Vorwurf gegenüber Politikern (hier: Sören Herbst von Bündnis 90/Die Grünen) sei das Wort diffamierend und und würge die für die Demokratie notwendigen Diskussionen in der Gesellschaft ab.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2015: Gutmensch

    Im Jahr 2015 spaltete die Flüchtlingsdebatte die Nation. Der Duden definiert jemanden als “Gutmensch”, “der sich in einer als unkritisch, übertrieben oder nervtötend empfundenen Weise im Sinne der Political Correctness verhält”. Ehrenamtliche Flüchtlingshelfer so zu beschimpfen, diffamiere “Toleranz und Hilfsbereitschaft pauschal als naiv, dumm und weltfremd”, urteilte die Jury.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2014: Lügenpresse

    Es gibt Begriffe, die nach Ansicht von Sprachkritikern niemand in den Mund nehmen sollte. Dazu gehört “Lügenpresse”: Das Wort diente bereits im Ersten Weltkrieg als Kampfmittel, die Nationalsozialisten diffamierten so unabhängige Medien, und zuletzt schrieben Anhänger der Pegida-Bewegung das Wort auf ihre Plakate. Eine solch pauschale Verurteilung gefährde die Pressefreiheit, befand die Jury.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2013: Sozialtourismus

    “Mit dem Begriff wird von einigen Politikern und Medien gezielt Stimmung gegen unerwünschte Zuwanderer, insbesondere aus Osteuropa, gemacht”, war sich die Jury bei der Wahl des Unworts 2013 einig. Man unterstelle ihnen, Sozialleistungen abgreifen zu wollen. Die Kombination aus “sozial” und „Tourismus“ sei besonders polemisch, weil es suggeriere, die Zuwanderung aus Not sei eine Vergnügungsreise.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2012: Opfer-Abo

    Geprägt wurde der Begriff von dem prominenten Wetter-Moderator Jörg Kachelmann. Nachdem er in einem Vergewaltigungsprozess freigesprochen worden war, beklagte er sich in einem Interview, Frauen hätten in der Gesellschaft ein “Opfer-Abo”. Die Jury (Bild: Nina Janich) kritisierte, dass er damit Frauen “pauschal und in inakzeptabler Weise” unter den Verdacht stelle, sexuelle Gewalt zu erfinden.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2011: Döner-Morde

    Jahrelang kursierte das Wort, um die Morde an acht türkischen und einem griechischen Unternehmer zu benennen. Man ging man von einer internen Fehde aus und verkannte, dass die Mordserie von der rassistischen Terrorgruppe NSU verübt wurde. Mit dem Wort “Döner”, einer türkischen Speise, habe man rassistisch eine ganze Bevölkerungsgruppe bezeichnet und die Opfer diskriminiert, so die Jury.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2010: alternativlos

    Geprägt wurde der Begriff von Kanzlerin Angela Merkel in Bezug auf die Finanzhilfe für das bankrotte Griechenland. Später sei das Wort “alternativlos” von Politikern inflationär gebraucht worden, so die Jury. Es suggeriere fälschlicherweise, “dass es bei einem Entscheidungsprozess von vornherein keine Alternativen und damit auch keine Notwendigkeit der Diskussion und Argumentation” gebe.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2009: betriebsratsverseucht

    In einer Fernsehsendung hatte der Angestellte eines Unternehmens öffentlich erklärt, dass Abteilungsleiter dieses Wort für Arbeitnehmer verwenden, die sich im Betriebsrat für ihre Interessen einsetzen. “Die Wahrnehmung von Arbeitnehmerinteressen stört zwar viele Unternehmen, sie als ‘Seuche’ zu bezeichnen, ist indes ein sprachlicher Tiefpunkt im Umgang mit Lohnabhängigen”, befand die Jury 2009.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2008: Notleidende Banken

    Der Begriff stelle das Verhältnis von Ursachen und Folgen der Weltwirtschaftskrise auf den Kopf, begründete die Jury 2008 ihre Wahl. Die Banken seien mit ihrer Finanzpolitik die Verursacher der Krise, die Last hätten aber die Steuerzahler zu tragen. Die Banken als notleidende Opfer zu stilisieren, entspreche nicht der Realität.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2007: Herdprämie

    Das Betreuungsgeld, das Eltern erhalten, die ihre Kinder zuhause erziehen, wurde von Kritikern der Finanzspritze in “Herdprämie” umgetauft. Damit degradiere man vor allem Frauen, auch solche, die der Kindererziehung zuliebe ihre Karriere unterbrechen oder aufgeben zu “Heimchen am Herd”, befand die Jury und kürte das Wort zum schlimmsten sprachlichen Missgriff des Jahres 2007.

    Autorin/Autor: Suzanne Cords


  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2017: “Alternative Fakten”

    Wer kennt sie nicht – die “alternativen Fakten” von US-Präsident Trump. Erstmals nahm seine Beraterin Kellyanne Conway im Januar 2017 diese Worte in den Mund, um in der Polit-Talksendung “Meet the Press” eine falsche Aussagen des damaligen Pressesprechers des Weißen Hauses, Sean Spicer, zu rechtfertigen: Es ging darum, dass die Amtseinführung Trumps angeblich die bestbesuchte überhaupt war.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2016: Volksverräter

    Das Unwort des Jahres 2016 wurde aus 594 Vorschlägen ausgewählt. Diese Vokabel “ist ein typisches Erbe von Diktaturen, vor allem der Nationalsozialisten”, urteilte die Jury 2016. Als Vorwurf gegenüber Politikern (hier: Sören Herbst von Bündnis 90/Die Grünen) sei das Wort diffamierend und und würge die für die Demokratie notwendigen Diskussionen in der Gesellschaft ab.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2015: Gutmensch

    Im Jahr 2015 spaltete die Flüchtlingsdebatte die Nation. Der Duden definiert jemanden als “Gutmensch”, “der sich in einer als unkritisch, übertrieben oder nervtötend empfundenen Weise im Sinne der Political Correctness verhält”. Ehrenamtliche Flüchtlingshelfer so zu beschimpfen, diffamiere “Toleranz und Hilfsbereitschaft pauschal als naiv, dumm und weltfremd”, urteilte die Jury.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2014: Lügenpresse

    Es gibt Begriffe, die nach Ansicht von Sprachkritikern niemand in den Mund nehmen sollte. Dazu gehört “Lügenpresse”: Das Wort diente bereits im Ersten Weltkrieg als Kampfmittel, die Nationalsozialisten diffamierten so unabhängige Medien, und zuletzt schrieben Anhänger der Pegida-Bewegung das Wort auf ihre Plakate. Eine solch pauschale Verurteilung gefährde die Pressefreiheit, befand die Jury.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2013: Sozialtourismus

    “Mit dem Begriff wird von einigen Politikern und Medien gezielt Stimmung gegen unerwünschte Zuwanderer, insbesondere aus Osteuropa, gemacht”, war sich die Jury bei der Wahl des Unworts 2013 einig. Man unterstelle ihnen, Sozialleistungen abgreifen zu wollen. Die Kombination aus “sozial” und „Tourismus“ sei besonders polemisch, weil es suggeriere, die Zuwanderung aus Not sei eine Vergnügungsreise.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2012: Opfer-Abo

    Geprägt wurde der Begriff von dem prominenten Wetter-Moderator Jörg Kachelmann. Nachdem er in einem Vergewaltigungsprozess freigesprochen worden war, beklagte er sich in einem Interview, Frauen hätten in der Gesellschaft ein “Opfer-Abo”. Die Jury (Bild: Nina Janich) kritisierte, dass er damit Frauen “pauschal und in inakzeptabler Weise” unter den Verdacht stelle, sexuelle Gewalt zu erfinden.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2011: Döner-Morde

    Jahrelang kursierte das Wort, um die Morde an acht türkischen und einem griechischen Unternehmer zu benennen. Man ging man von einer internen Fehde aus und verkannte, dass die Mordserie von der rassistischen Terrorgruppe NSU verübt wurde. Mit dem Wort “Döner”, einer türkischen Speise, habe man rassistisch eine ganze Bevölkerungsgruppe bezeichnet und die Opfer diskriminiert, so die Jury.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2010: alternativlos

    Geprägt wurde der Begriff von Kanzlerin Angela Merkel in Bezug auf die Finanzhilfe für das bankrotte Griechenland. Später sei das Wort “alternativlos” von Politikern inflationär gebraucht worden, so die Jury. Es suggeriere fälschlicherweise, “dass es bei einem Entscheidungsprozess von vornherein keine Alternativen und damit auch keine Notwendigkeit der Diskussion und Argumentation” gebe.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2009: betriebsratsverseucht

    In einer Fernsehsendung hatte der Angestellte eines Unternehmens öffentlich erklärt, dass Abteilungsleiter dieses Wort für Arbeitnehmer verwenden, die sich im Betriebsrat für ihre Interessen einsetzen. “Die Wahrnehmung von Arbeitnehmerinteressen stört zwar viele Unternehmen, sie als ‘Seuche’ zu bezeichnen, ist indes ein sprachlicher Tiefpunkt im Umgang mit Lohnabhängigen”, befand die Jury 2009.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2008: Notleidende Banken

    Der Begriff stelle das Verhältnis von Ursachen und Folgen der Weltwirtschaftskrise auf den Kopf, begründete die Jury 2008 ihre Wahl. Die Banken seien mit ihrer Finanzpolitik die Verursacher der Krise, die Last hätten aber die Steuerzahler zu tragen. Die Banken als notleidende Opfer zu stilisieren, entspreche nicht der Realität.

  • Unworte des Jahres von 2007 bis 2017

    2007: Herdprämie

    Das Betreuungsgeld, das Eltern erhalten, die ihre Kinder zuhause erziehen, wurde von Kritikern der Finanzspritze in “Herdprämie” umgetauft. Damit degradiere man vor allem Frauen, auch solche, die der Kindererziehung zuliebe ihre Karriere unterbrechen oder aufgeben zu “Heimchen am Herd”, befand die Jury und kürte das Wort zum schlimmsten sprachlichen Missgriff des Jahres 2007.

    Autorin/Autor: Suzanne Cords


Zum Wort des Jahres war Ende 2017 “Jamaika-Aus” gekürt worden, jetzt ging es sozusagen um den bösen Stiefbruder. Pünktlich um 10 Uhr verkündete die Linguistik-Professorin Nina Janich am Dienstag in Darmstadt, wer das Rennen gemacht hat: “Alternative Fakten” – ein Begriff, den eine Beraterin des US-Präsidenten Donald Trump geprägt hat und der von diesem seitdem gebetsmühlenartig wiederholt wird. Der Ausdruck stehe für die sich ausbreitende Praxis, den Austausch von Argumenten auf Faktenbasis durch nicht belegbare Behauptungen zu ersetzen, die dann mit einer Bezeichnung wie “alternative Fakten” als legitim gekennzeichnet würden, so Janich.
 
Könnte man gleich mehrere Unwörter des Jahres küren, hätte die Jury gern noch die Begriffe “Shuttle-Service” für die Rettung von Flüchtlingen aus dem Mittelmeer und ihre Überführung nach Italien und “Genderwahn” für Bemühungen um Geschlechtergerechtigkeit auf die Liste gesetzt. Beide Formulierungen wurden scharf kritisiert.

Knapp 1.300 Einsendungen mit insgesamt 700 verschiedenen Vorschlägen waren bis Ende Dezember eingegangen. Seit 1991 werden alle Jahre wieder Begriffe ausgewählt, die “diffamierend, verschleiernd oder gar oder irreführend” sind. 2016 fiel die Wahl auf “Volksverräter”. Diese Vokabel, ein Erbe von Diktaturen, vor allem der Nationalsozialisten, als Vorwurf gegenüber Politikern anzubringen, würge die für die Demokratie notwendigen Diskussionen ab, begründete die Jury damals ihre Entscheidung.

“Babycaust” ist Spitzenreiter unter den Nominierungen

Insgesamt 122 Mal und damit unter allen Einsendungen am häufigsten wurde in diesem Jahr der Begriff “Babycaust” nominiert. Vorgeschlagen hatte ihn die Gießener Ärztin Kristina Hänel, die Ende 2017 wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu 6000 Euro Geldstrafe verurteilt worden war. Sie werde auf einer Website desselben Namens “diffamiert, verleumdet und angeprangert”, so Hänel. Wegen seiner Ähnlichkeit zum Begriff “Holocaust” sei der Begriff besonders erschreckend und gemäß dem Anspruch der Jury “irreführend”.  

“Alternative Fakten” wurde 65 Mal eingesandt. Auch “Atmender Deckel”, ein Begriff aus der Diskussion über eine Obergrenze für Flüchtlinge, oder “Bio-Deutsche” als Gegensatz zu eingebürgerten Deutschen standen zur Wahl.

Bewusstsein für einen sensiblen Umgang mit der Sprache schaffen 

Ziel der sprachkritischen Aktion ist es, Formulierungen zu brandmarken, die gegen die Menschenwürde oder demokratische Prinzipien verstoßen und in der Bevölkerung das Bewusstsein für einen sensiblen Umgang mit der Sprache zu verankern.

2016 wurde “Volksverräter” Unwort des Jahres. Hier hetzten Unbekannte gegen den Politiker und flüchtlingspolitischen Sprecher Sören Herbst

In den vergangenen Jahren hatte vor allem der Zuzug der Flüchtlinge nach Deutschland das Unwort des Jahres beherrscht, neben “Volksverräter” (2016) wurden “Gutmensch”(2015) und “Lügenpresse”(2014) ausgewählt. Doch diesmal sei das Thema Migration etwas abgedrängt worden, so Janich. Die Beratungen zur Bildung einer neuen Regierung nach der Bundestagswahl 2017 (so wurde “Jamaika-Aus” schon zum Wort des Jahres 2017 gekürt) und Äußerungen von US-Präsident Donald Trump seien bei den eingegangenen Vorschlägen führend, darunter “Alternative Fakten”.

Bei der Entscheidung der ehrenamtlichen Jury, bestehend aus vier Sprachwissenschaftlern, einem Journalisten sowie einem jährlich wechselnden Mitglied, spielt es keine Rolle, wie oft ein Begriff eingereicht wurde. So will man vermeiden, dass bestimmte Begriffe in den Sozialen Medien besonders gehypt werden. 

suc/ka (dpa/www.unwortdesjahres.net)