Die Eurozone soll wetterfest werden

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Die Europäische Kommission will die Wirtschafts- und Währungsunion gegen Krisen wappnen – mit Vorschlägen, die nicht allen EU-Staaten schmecken dürften.

“Das Dach sollte man am besten dann reparieren, wenn die Sonne scheint”, sagt Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Die Zeiten seien also günstig. Europas Wirtschaft wachse, die Arbeitslosigkeit so niedrig wie seit knapp zehn Jahren nicht mehr, das Geschäftsklima günstig. Diese Gutwetterstimmung will die Kommission nutzen, um sich gegen künftige Stürme zu wappnen. 

Stabilität in der Eurozone

Bislang gibt es den Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM). Der vergibt Kredite für klamme EU-Staaten. Den will die Kommission zu einem ständigen Notfalltopf umwandeln, der im EU-Recht verankert ist. Dieser Europäische Währungsfonds (EWF) könnte in Zukunft direkt Kredite an Staaten und marode Banken vergeben – mit einer Kapazität von insgesamt 500 Milliarden Euro. Das Kapital des ESM soll auf den Währungsfonds übergehen, und der ESM wäre langfristig passé.

Sven Giegold, Mitglied der Grünen im Europäischen Parlament, hält den Europäischen Währungsfonds nur für einen halbherzigen Schritt in die richtige Richtung, weil er zu großen Einfluss der nationalen Regierungen befürchtet. “Dem Währungsfonds wird ein großer Stein ans Bein gebunden, wenn große Länder Entscheidungen weiterhin durch ein Veto blockieren können.”

Nach dem Willen der Kommission soll die Eurozone auch durch mehr Geld für Reformen stabiler werden. Bis 2020 sollen dafür 300 Millionen Euro in die Mitglieder der Eurozone fließen – doppelt so viel wie bisher geplant. Zudem soll ein neuer Investmentfonds Staaten helfen, ihre laufenden Investitionen langfristig zu sichern, auch in Krisenzeiten.

Die verschiedenen Geldtöpfe würden aber nicht helfen, sondern eher das Gegenteil bewirken, glaubt Clemens Fuest, Präsident des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung in München. “Das verringert die Anreize, selbst solide zu wirtschaften. Solche Schritte erfordern ebenso umfangreiche Reformen hin zu mehr Eigenverantwortung und Härtung der Budget-Restriktionen von Banken und Staaten.”

Aber auch Länder, die noch nicht mit Euro zahlen, will die Kommission auf ihre Wunschzukunft – nämlich eine Währungsunion, die die ganze EU umfasst – vorbereiten. Auch dafür will sie Geld locker machen.

Politische Integration gewünscht

Ein eigenes Budget für die Eurozone, wie es Frankreichs Präsident Emmanuel Macron angeregt hatte, soll es dagegen nicht geben. Auch beim Amt eines eigenständigen EU-Finanzministers, ebenfalls von Macron gewünscht, geht die Kommission nicht mit. 

Sie schlägt stattdessen vor, die Rolle solle vom Vorsitzenden der Eurogruppe übernommen werden – einem informellen Gremium der Euroländer. Im besten Fall solle der dann gleichzeitig auch Vize-Präsident der Kommission sein.

Drei Posten in Personalunion also. Einige Mitgliedsstaaten hatten schon vorher deutlich gemacht, dass ihnen das nicht gefällt, denn die Kommission würde so ihren Einfluss ausweiten.

Sven Giegold erhofft sich von einem europäischen Finanzminister mehr Transparenz. “Die Rechenschaftspflicht eines EU-Finanzministers würde endlich Licht ins Dunkel der bisher intransparenten Entscheidungsprozesse der Eurogruppe bringen.”

Das Amt eines europäischen Finanzministers könnte ähnlich wie das der Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik, derzeit Federica Mogherini, gestaltet sein – ein Amt also, das die Eurozone als Ganzes nach außen vertritt.

Doch das sei Augenwischerei, kritisiert Clemens Fuest vom ifo-Institut. “Die Einrichtung eines Europäischen Finanzministers erweckt die Illusion, die Wirtschafts- und Finanzpolitik werde europäisch gesteuert. Tatsächlich liegen Kontrolle und Verantwortung aber bei den nationalen Parlamenten und Regierungen.”

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wünscht sich alle EU-Staaten in der Eurozone

Juncker will alle in der Eurozone

Die Ausweitung der Währungsunion auf alle EU-Staaten soll bis zum Jahr 2025 erfolgen, das wünscht sich die Kommission laut Quellen aus der Europäischen Union.

Juncker möchte, dass alle an dem Euro-Kuchen mitbacken – die Eurozone als Integrationsfaktor, so die Vorstellung. Mit den neuen Fördertöpfen sollen die EU-Staaten jetzt schon darauf vorbereitet werden.

Nicht allen Mitgliedsstaaten gefällt die Idee. Auf dem nächsten Gipfel am 15. Dezember wird sich das zeigen.