Smartphone-Sucht bringt die Gehirn-Chemie durcheinander

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In den Gehirnen junger Menschen, die suchthaft Smartphones oder das Internet benutzen, kommt es zu chemischen Veränderungen im Gehirn. Sie ähneln denen, die Ärzte auch bei Angststörungen diagnostizieren können.

Einem Forscherteam um den süd-koreanischen Radiologie-Professor Hyung Suk Seo ist es gelungen, Gehirnveränderungen bei Teenagern festzustellen, die regelmäßig das Internet oder Smartphones benutzen.

Die Wissenschaftler von der Korea Universität in Seoul hatten 19 männliche Probanden mit einem Durchschnittsalter von 15 Jahren und sechs Monaten untersucht. Alle litten unter einer Smartphone- oder Internet-Abhängigkeit. Hinzu kamen 19 gleichaltrige ohne diagnostizierte Abhängigkeit als Kontrollgruppe.

Die Forscher präsentierten ihre Ergebnisse am 30. November 2017 auf der Jahrestagung der Radiologischen Gesellschaft Nordamerikas (RSNA) in Chicago.

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Smartphone-Sucht verändert das Gehirn

Sucht messbar machen

Die Ärzte hatten die Schwere der Abhängigkeit mit einem standardisierten Suchttest bestimmt. Darin wurde insbesondere gefragt, wie stark die Nutzung von Internet und Smartphones tägliche Routinen störte und wie sie sich auf Produktivität, Sozialleben, Schlafgewohnheiten und Gefühle auswirkte.

Seo berichtete, dass die abhängigen Patienten signifikant häufiger an Depressionen, Angststörungen, Schlaflosigkeit und Impulsivität litten. Zwölf der Probanden nahmen auch an einer neunwöchigen Verhaltenstherapie teil. Sie wurden jeweils davor und danach untersucht.

Suche nach Neurotransmittern

Die Ärzte nahmen dreidimensionale Bilder der Gehirne der Probanden mit einem Magnet-Resonanz-Spektrometer (MRS) auf. Das ist im Prinzip ein Magnet-Resonanz-Tomograph – also ein dreidimensionales Röntgengerät. Ein MRS ist aber zusätzlich zur üblichen Bildgebung im MRT auch in der Lage, die chemische Zusammensetzung des Gewebes darzustellen.

Dabei suchten die Mediziner gezielt nach Gamma-Aminobuttersäure (GABA) – einem Neurotransmitter im Gehirn, der Nervensignale verlangsamt, sowie nach den Aminosäuren Glutamin und Glutamat, die in einer Wechselwirkung mit GABA stehen und unter anderem steuern, wie stark die Nervenzellen (Neuronen) auf elektrische Impulse ansprechen. GABA beeinflusst unter anderem die Sehfähigkeit ,aber auch motorische Fähigkeiten und verschiedene Gehirnfunktionen, etwa Müdigkeit oder Angst.

Der cingulare Kortex ist in diesem Modell der äußere rote Bereich. Ganz rechts sitzt der anteriore cinguläre Kortex.

Chemie kommt aus dem Gleichgewicht

Es stellte sich heraus, dass bei den Suchtpatienten der Anteil von GABA im Vergleich zu Glutamat und Glutamin in einem bestimmten Teil des vorderen inneren Gehirns – dem anterioren cingulären Kortex – erhöht war. Und die Mediziner stellten eine signifikante Korrelation zwischen den Messwerten der Neurotransmitter und der ermittelten Abhängigkeit, Depression und Angstzustände fest.

Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Das Verhältnis von GABA zu Glutamat und Glutamin normalisierte sich nach der neunwöchigen Verhaltenstherapie bei den zwölf Patienten.

Die Forscher interessiert nun, ob die erhöhten GABA-Werte und das gestörte Gleichgewicht zu Glutamat und Glutamin in dem Hirnabschnitt auch bei anderen Formen von Abhängigkeit auftreten. 


  • Diese Sportarten schaden dem Gehirn

    Wrestling

    Wrestling ist nicht nur Show. Denn sicher ist: Die Gehirne einiger Wrestler sind dank wiederholter Kopfverletzungen ernsthaft geschädigt. Als der kanadische Wrestler Chris Benoit sich im Alter von 40 Jahren selbst erschoss, fanden Ärzte heraus, dass sein Gehirn dem eines 85-jährigen Alzheimer-Patienten glich.


  • Diese Sportarten schaden dem Gehirn

    Boxen

    Ärzte haben sogar einen Namen für diese Krankheit: chronisch traumatische Enzephalopathie oder einfach Boxer-Syndrom. Und es bedeutet: Ständige Stöße gegen den Kopf verändern das Gehirn – zum Schlechteren. Die Folge sind Gedächtnisverlust, Sprachschwierigkeiten, Selbstmordgedanken und schließlich Demenz. Die Krankheit wurde zunächst bei professionellen Boxern entdeckt, daher der Name.


  • Diese Sportarten schaden dem Gehirn

    American-Football

    Das Boxer-Syndrom trifft nicht nur Boxer. Vor allem bei American-Football-Spielern ist die Krankheit häufig. Laut der Fachzeitschrift “Science”, erleidet der durchschnittliche National Football League-Spieler im Laufe einer Spielsaison über 600 Stöße auf seinen Kopf. Selbst die hartschaligen Helme können die Stöße nicht komplett abfangen.


  • Diese Sportarten schaden dem Gehirn

    Helme schützen (ein wenig)

    Die National Football League stritt viele Jahre ab, dass ihre Spieler vom Boxer-Syndrom betroffen sein könnten. Inzwischen hat sie eingelenkt und auch ein paar Spielregeln geändert, um Kopf-zu-Kopf-Kollissionen vorzubeugen. Gleichzeitig arbeiten Forscher an Magnet-Einsätzen für Football-Helme. Abstoßende Kräfte sollen einen Zusammenstoß abschwächen, bevor er passiert.


  • Diese Sportarten schaden dem Gehirn

    Eishockey

    Wer Gehirnschäden vermeiden möchte, darf kein Eishockey spielen: Auch bei einigen Hockeyspielern wurde das Boxer-Syndrom bereits diagnostiziert. Egal, ob ein Zusammenstoß gewollt ist oder nur als Unfall passiert: Auf Dauer führen Stöße auf den Kopf zu einer Anhäufung gefährlicher Eiweiße im Gehirn.


  • Diese Sportarten schaden dem Gehirn

    Fußball

    Es erscheint abwegig, aber ja: Sogar Fußballspieler sind gefährdet – durch ihre Kopfbälle. Die Kräfte, die dabei wirksam werden, scheinen harmlos zu sein im Vergleich zu den gewalttätigen Stößen in einem American-Football- oder Eishockey-Spiel. Aber auch geringe Kräfte können sich mit der Zeit aufsummieren.

    Autorin/Autor: Brigitte Osterath