Drogenhund auf Bargeldjagd

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Hessische Spürhunde finden nicht nur Handys, Sprengstoff und Leichen, sondern auch Drogen und Bargeld. Ausgebildet werden sie in Mühlheim im Rhein-Main-Gebiet, eingesetzt werden sie auch in Südamerika.

Auch innehalten muss geübt werden. Wenn das Kommando “bleib” ertönt, heißt das für Buster: stehen bleiben. Nicht sitzen, und liegen schon gar nicht. Schließlich soll aus dem 15 Monate alten Rüden ein Polizeihund werden, ein Schnüffelexperte, wenn’s um Sprengstoff geht. Und neben einer guten Nase gehört auch Folgsamkeit dazu.

An seinem zweiten “Ausbildungstag” jedoch hat Buster das noch nicht verinnerlicht. Stehen bleibt er nur, wenn sein Herrchen – Hundeführer heißt das auf Amtsdeutsch – das Hunde-Hinterteil in die Höhe hebt, das Buster zuvor gemütlich auf dem Boden platziert hat. “Das wird schon noch, ich bin da zuversichtlich”, sagt Gerold Günther und lacht. Günther ist “Fachbereichsleiter für das Diensthundwesen” der Polizei in Hessen. Buster und sein Hundeführer sind seine Schüler.

Alles im Blick, auch aus dem Bürofenster heraus – die pensionierte Schnüffelhündin Kira mit Ausbilder Gerold Günther

Rauschgiftspürhund “mit upgrade”

Am Waldrand nahe Mühlheim im Rhein-Main-Gebiet werden Buster und seine Kollegen ausgebildet. Nach einem Vierteljahr sind sie Schutzhunde oder suchen mit ihren feinen Nasen Dinge, die eigentlich nicht gefunden werden sollen. Etwa 4.600 solcher speziell ausgebildeten Hunde verrichten in Deutschland ihren Dienst bei Polizei, Zoll oder Bundeswehr, wie Günther erläutert. Jedes Bundesland außer Thüringen, jede Behörde bildet selbst aus. Ein ausgebildeter Hund aus Mühlheim etwa habe später einen Wert von rund 40.000 Euro. Gekauft werden die Tiere – Hessen etwa hat im Gegensatz zu Nordrhein-Westfalen keine eigene Zucht – für etwa 1500 bis 2000 Euro. Rund 40 Hunde kaufe Hessen pro Jahr, unter anderem von speziellen Tierhändlern oder aus Züchtungen für den Hundesport. So, wie Buster und sein Kollege Astor.

Astor, der Mischling aus belgischem und deutschem Schäferhund trainiert seit sechs Wochen mit seiner Hundeführerin. Astor wird ein Spürhund. “Solche Hunde werden entweder auf Sprengstoff trainiert, Brandbeschleuniger, Handys, Leichen oder auf Drogen und Banknoten”, erläutert Günther. “Bargeld und Drogen hängen naturgegeben oft zusammen, deswegen beides.” Eine Banknotenspürnase sei ein “Rauschgiftspürhund mit Upgrade”, scherzt der Ausbilder.

Bingo! Ein Schnüffelhund hat auf dem Frankfurter Flughafen jede Menge verstecktes Bargeld entdeckt

Der Weg zur Supernase beginnt jedoch immer gleich: Der Hund wird spielerisch an die zu findenden Objekte herangeführt. Günther holt ein weißes Plastikrohr hervor, das mit kleinen Löchern versehen ist. Dort hinein kommt der Geruchsträger, auf den der Hund konditioniert werden soll. Bargeld zum Beispiel. Oder Handys, die etwa in Gefängniszellen oder Wohnungen versteckt worden sind. “Dem Hund entgeht kaum etwas”, betont Günther. Seine Hündin Kira etwa ist auf Brandbeschleuniger trainiert. “Die findet ihn besser als technisches Gerät, das der Mensch über den Brandort führen muss.” Der Hund dagegen vertraue seiner Nase, die leite ihn meist richtig.

Druckfrische Banknoten als Übungsmaterial

Dazu muss er zunächst echte Geruchsträger kennenlernen. Banknotenspürhunde, wie die Bargeldschnüffler offiziell heißen,  brauchen dazu richtiges Geld – “anfangs sogar druckfrisch”, betont Günther. Der Hund präge sich die Nuancen von Farbe und Papier ein. Erst später kämen andere Komponenten hinzu. Etwa die Spuren, die Menschen hinterlassen, wenn sie Scheine anfassen. Das original Übungsmaterial liefert die Deutsche Bundesbank. “Das wären 250.000 Euro”, sagt Günther und zeigt auf ein Tütchen mit buntem Papier. Allerdings: Von jedem einzelnen Schein sind jeweils nur etwa 40 Prozent vorhanden, und dieser Rest ist auch noch mehrfach gelocht. Zum Bezahlen ungeeignet, nur brauchbar für die Hundenase.

Bei Bedarf Tag und Nacht einsatzbereit – Polizeihunde und ihre menschlichen Partner

Seit 2013 bilden die Hessen solche “Upgrade-Hunde” aus und haben ihr Wissen inzwischen in zahlreiche Länder exportiert. “Wir hatten schon Kollegen aus Kolumbien, Mexiko, Peru, Bolivien und Ecuador zu Gast”, sagt Günther. Urkunden und Erinnerungsschreiben an den Wänden der Akademie zeugen von diesen Verbindungen nach Südamerika, wohin hauptsächlich Rauschgiftspürhunde exportiert wurden.

Die Kosten für Anschaffung und Ausbildung der Hunde übernehme die Auslandsunterstützung des Auswärtigen Amts, so Günther.

Für das Tier ist die Suche nach dem Objekt grundsätzlich Spaß, egal, wo und wonach es schnuppert. “Es möchte nur an sein Spielzeug kommen”, erklärt Günther das Prinzip. Und daran gelangt es, wenn es, vereinfacht gesagt, zwischen dem Geruch des Objekts und seinem Spielzeug eine Verknüpfung herstellt. Findet der Hund das Objekt, wird er mit dem Spielzeug belohnt. Auch, wenn er nach der Ausbildung etwa im Frankfurter Rotlichtviertel Drogen und Bargeld erschnüffelt hat.

Astor zeigt, wie`s geht: Im Fitnessraum der Polizeiakademie soll er Sprengstoff suchen. Erschnüffelt er ihn, legt sich Astor hin – “das ist das Signal für den Hundeführer, dass sein Tier etwas entdeckt hat”, erläutert Fachlehrer Christian Beti. Auf Kommando saust Astor los. Immer der Nase nach. Bis er plötzlich innehält und sich hinlegt. Eine Klappe unter der Box, in der der Sprengstoff versteckt ist, öffnet sich, und heraus fällt die Belohnung für Astor – sein Spielzeug. Astor schnappt es sich noch in der Luft und rast zurück zu seiner Hundeführerin, wo er mit viel Lob und Streicheleinheiten empfangen wird.

Auch die Elitepolizisten des SEK arbeiten mit den tierischen “Einsatzmitteln”

Zugepackt wird nur auf Kommando                                      

“Zwischen Hund und Halter muss es stimmen, schließlich sind beide auch nach Dienstschluss zusammen”, sagt Günther. Der Hund sei nicht nur Partner im Dienst, sondern auch Freund in der Freizeit. Ein Traumjob? Günther seufzt. “Wir haben Nachwuchssorgen im Diensthundwesen.” Für Zweibeiner sei der Job nicht verlockend. “Mit Hund muss man immer einsatzbereit sein, nach Dienstschluss, nachts, am Wochenende, spontan”, umreißt es Günther. Zusätzlich zum normalen Schichtdienst. Wenn eine Leiche, Sprengstoff oder Geld bei einer Razzia gesucht werden muss, müssen Hund und Hundeführer anrücken, egal wann. Denn der Hund höre nur auf seine Bezugsperson – das Tier mal eben einem Kollegen in die Hand zu drücken, würde nicht funktionieren, so Günther.

In einem Freigehege trainiert unterdessen Schäferhund Rick mit seinem Hundeführer. Der angehende Schutzhund soll einen Mann finden und stellen. “Wichtig ist, dass der Hund den Menschen erst nur anbellt”, erläutert Günther. Zubeißen dürfe das Tier dabei auf gar keinen Fall. “Wer ruhig steht, wird nicht gebissen.” Erst wenn das Kommando “pack” ertönt, darf das Tier den Gesuchten packen. Der ist in diesem Fall ein Kollege, zähnesicher verpackt in Arm- und Beinschonern, in die sich Rick später verbeißen darf.

Und – Pack! Auch das kraftvolle Zubeißen will geübt sein

Die meisten Polizeihunde seien übrigens Belgische oder Deutsche Schäferhunde bzw. Mischlinge daraus – und Rüden. Das habe einen naturgegebenen Grund, so Günther: “Unsere Tiere werden nicht kastriert, das ist verboten”, sagt der Fachbereichsleiter. Was also los sei, wenn unter unkastrierten Rüden eine paarungsbereite Hündin sei, könne sich jeder vorstellen.

Günthers Kira war eine Ausnahme. Die zehnjährige Hündin allerdings ist inzwischen “in Pension”. Dennoch hat Günther das Tier behalten. “Das ist so üblich”, sagt der Fachbereichsleiter. “Wenn die Hunde in Rente gehen, bleiben sie bei ihrem Hundeführer”. Schließlich hätten Hund und Halter viele Jahre gemeinsam Dienst geschoben. “Da baut sich eine solch enge Bindung auf, dass man seinen treuen Partner gar nicht abgeben will.”