Papst Franziskus auf schwieriger Mission

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Der Papst wird sich auf recht glattem Parkett bewegen, wenn er in dieser Woche Kolumbien besucht. Er will den Versöhnungsprozess in dem südamerikanischen Land unterstützen. Dabei wird er mit Argusaugen beobachtet.

So nah wie derzeit dem Papp-Papst werden die Fans dem Kirchenoberhaupt auf seiner Reise kaum kommen

Als sich die ersten Kongressdelegierten einfinden, geht ein Raunen durch das Spalier. Eine Gruppe der ehemaligen Guerilla-Organisation FARC hat ein Bild mit nach Bogota gebracht und posiert mit dem Gemälde vor den Pressefotografen. Es zeigt Che Guevara, Hugo Chavez, Fidel Castro und Jesus Christus in einer Reihe.

Vor wenigen Tagen erst hat sich die FARC in die Parteienlandschaft Kolumbiens eingereiht – unter dem altem Kürzel FARC aber mit dem neuen Namen”Revolutionäre Alternative”. Geht es nach ihr, dann stehen Jesus und auch Papst Franziskus auf ihrer Seite.

“Der Papst kommt nach Kolumbien, um die Kräfte des Friedens zu stärken”, sagt Jesus Santrich, einer der prominentesten FARC-Köpfe, im Gespräch mit DW.com. Die FARC sieht sich nach eigenem Verständnis als eine treibende Kraft des Friedens in Kolumbien.

Ob der Papst das auch so sieht? – Für FARC-Delegierte steht Jesus in einer Reihe mit Fidel Castro, Hugo Chavez und Che Guevara (Gemälde von rechts)

Die Kirche gewann erst in den letzten Jahren das Vertrauen der Guerilla. Viele wähnten sie auf der Seite der Großgrundbesitzer. Am Wochenende baten gar Katholiken um Vergebung für die Rolle, die die Kirche in dem bewaffneten Konflikt gespielt hatte. 

Franziskus unterstützt Friedensprozess

Papst Franziskus ist ein erklärter Unterstützer des Friedensprozesses zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC. Mit seiner Reise nach Kolumbien, die ihn von Mittwoch bis Sonntag (06.09. bis 10.09.2017) nach Bogota, Villavicencio, Medellin und Cartagena führt, löst er ein Versprechen ein. Gelingt in Kolumbien ein Friedensvertrag, so werde er das Land besuchen, versprach das argentinische Kirchenoberhaupt vor einem Jahr, als noch vieles auf der Kippe stand.

Der Papst ist Verbündeter der FARC – meint Jesus Santrich, eines der prominentesten Parteimitglieder,

Nach einem schweren Rückschlag durch eine verlorene Volksabstimmung über das Abkommen und mit dem Rückenwind des Friedensnobelpreises für den mutigen Präsidenten Juan Manuel Santos gelang es dann Ende 2016 den Friedensvertrag doch noch unter Dach und Fach zu bringen. Nun hält der Papst Wort. Und kommt in ein zerrissenes Land.

Im Westen an der bettelarmen Pazifikküste wird immer noch gekämpft. Rechte Paramilitärs und die linke ELN-Guerilla liefern sich an der Pazifikküste, die der Papst überraschend nicht besucht, blutige Kämpfe um die Vorherrschaft im Drogenhandel und illegalen Bergbau. Auch die Armee mischt mit – und wieder einmal leidet die Zivilbevölkerung.


  • ELN-Guerilla: Die letzten Rebellen

    In der Tradition Che Guevaras

    Das “Ejército de Liberación Nacional”, das “Nationale Befreiungsheer” gehört zu den ältesten noch aktiven Guerillaorganisationen Lateinamerikas. Seit 1964 kämpfen die marxistischen Guerilleros für die Revolution: mit stundenlangen Diskussionsrunden, aber auch mit Entführungen und Terroranschlägen.


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    Geiseln in der Hinterhand

    2012 hatte die ELN – nach vielen militärischen Rückschlägen – angekündigt, dass sie Friedensgespräche mit der Regierung führen möchte. Dies verzögerte sich jedoch immer wieder, da die Regierung nicht verhandeln wollte, während die ELN noch Geiseln in ihrer Gewalt hatte.


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    Lasst sie frei!

    Auch in der Bevölkerung war der Rückhalt für die linken Rebellen immer weiter gesunken. Hier demonstrieren Journalisten in Cali für die Freilassung von Kollegen in der Gewalt der ELN. Ursprünglich war die ELN angetreten, um die extreme Ungleichheit in Kolumbien zu beseitigen und hatte dafür in einigen Regionen des Landes bei der armen Landbevölkerung Unterstützung erhalten.


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    Die ELN wagte schließlich den Schritt Richtung Frieden und ließ ihre Geiseln gehen. Am 6. Februar ließ sie den kolumbianischen Soldaten Fredy Moreno Mahecha (Bildmitte) – eine ihrer letzten Geiseln – in Arauca frei. Damit können nun die Verhandlungen mit der Regierung beginnen. Nach dem Vorbild der FARC-Gespräche soll am Ende ein Friedensabkommen stehen.


  • ELN-Guerilla: Die letzten Rebellen

    Blutiger Pfad

    Jahrzehntelang hatten in Kolumbien, wie in anderen lateinamerikanischen Ländern auch, rechte und linke Rebellen, Drogenakartelle und Regierungstruppen einen blutigen Krieg geführt. Mehr als 260.000 Menschen starben allein in Kolumbien.

    Autorin/Autor: Peter Hille


Der Bischof der Provinz Chocó, Juan Carlos Barreto, wandte sich vor wenigen Tagen in einem dramatischen Appell an die Öffentlichkeit: “Das Blutvergießen muss gestoppt werden.” Regierung und ELN, die nach dem Muster der FARC-Friedensgespräche in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito verhandeln, wollen bis zum Papstbesuch eine Lösung präsentieren, die zumindest einen Waffenstillstand möglich macht.

Partylaune bei der FARC

Derweil wird in der Hauptstadt gefeiert. Mit einem großen Konzert auf der Plaza Bolivar im Herzen Bogotas endete der Gründungsparteitag der FARC. Die älteste Guerilla-Bewegung des Landes ist nun dessen jüngste Partei.

Name und Gesichter bleiben allerdings die gleichen. Nur das Logo ist neu, ein Neuanfang ist das noch nicht.

Franziskus als Wandmosaik – An der Mauer eines Pflegeheimes, das der Papst besuchen wird

Noch ist offen, ob Papst Franziskus die alten Kommandanten Rodrigo Londono oder Ivan Marquez, die weiterhin die Geschicke der FARC bestimmen, empfangen wird. “Das liegt an der kolumbianischen Kirche”, behauptet FARC-Funktionär Pastor Alape.

In Villavicencio ist ein großer Versöhnungsgottesdienst geplant. Dort sollen aber nicht die Guerillakommandanten, sondern die Opfer des jahrzehntelangen Konflikts im Mittelpunkt stehen. Sie haben unter der Gewalt von rechten Paramilitärs, linken Guerillagruppen und der Armee besonders gelitten. Und sie werden genau hinsehen, wem der Papst die Hand schüttelt.

Ornamente für den Papst – Franziskus wird ein in Kolumien entworfenes und genähtes Gewand tragen

Papst auf schwieriger Mission

Vergebung und Versöhnung ist ein sensibles Thema, mit Spannung wartet das Land auf die Rede von Franziskus. Es dürfte die schwierigste Predigt der ganzen Reise werden, denn so kompliziert der kolumbianische Konflikt ist, so viele Fallstricke warten auf das Kirchenoberhaupt, wenn er sich dem Thema widmet.

Denn die rechtsgerichtete Opposition um den ehemaligen und immer noch sehr populären Ex-Präsidenten Alvaro Uribe sieht den Papst inzwischen distanziert. Uribe blickt bereits zu den auch in Kolumbien immer einflussreicheren evangelikalen Kirchen, die den konservativen Sektor der katholischen Kirche umwirbt. Auch den gilt es für Franziskus zu berücksichtigen. Ein Spagat, der die ganze Reise kennzeichnen wird.