Heftige Gefechte um Berg-Karabach ausgebrochen

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Aserbaidschan

Heftige Gefechte um Berg-Karabach ausgebrochen

Der schwelende Konflikt um das Gebiet Berg-Karabach ist wieder aufgeflammt. Armenien und Aserbaidschan werfen sich gegenseitig vor, für neue Kämpfe verantwortlich zu sein. Russlands Präsident Putin ruft zur Mäßigung auf.

Soldaten der Streitkräfte von Berg-Karabach in einem Wachposten bei Agdam (Archivfoto)

Das armenische Verteidigungsministerium erklärte, Aserbaidschan habe in der Nacht zum Samstag “mit Panzern, Artillerie und Hubschraubern massiv angegriffen”. Die aserbaidschanischen Einheiten seien zurückgeschlagen worden, wobei sie “hohe Verluste” erlitten hätten. Rebellen, die von Armenien unterstützt werden, hätten zwei aserbaidschanische Militärhubschrauber und eine Drohne bgeschossen sowie drei Panzer zerstört. Die Regierung in Baku dementierte zwischenzeitlich den Abschuss eines Hubschraubers.

Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium erklärte wiederum, seine Truppen seien von “großkalibriger Artillerie und Raketenwerfern” angegriffen worden. Sie hätten umgehend “Vergeltungsmaßnahmen” eingeleitet. Die Gefechte dauerten an.

Das Verteidigungsministerium von Armenien in Eriwan

Das Verteidigungsministerium von Berg-Karabach, das von Armenien unterstützt wird, teilte mit, beim Beschuss armenischer Dörfer in der umstrittenen Region sei ein zwölfjähriger Junge getötet worden. Das Außenministerium in Baku berichtete von einem getöteten aserbaidschanischen Zivilisten.

Putin mahnt zu Feuerpause

Der russische Präsident Wladimir Putin rief beide Seiten auf, das Feuer umgehend einzustellen. Die Konfliktparteien müssten eine “sofortige Waffenruhe” eingehen und Zurückhaltung üben, um weitere Opfer zu vermeiden, ließ er über seinen Sprecher Dmitri Peskow erklären. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu führte mit seinen Kollegen in den Hauptstädten Eriwan und Baku Krisentelefonate. Schoigu forderte beide auf, die Lage rasch zu stabilisieren, wie die Nachrichtenagentur Interfax meldete. Russland versteht sich als Schutzmacht Armeniens. Der armenische Regierungschef Howik Abrahamjan berief in der Hauptstadt Eriwan eine Dringlichkeitssitzung seines Kabinetts ein.

Die beiden ehemaligen Sowjetrepubliken Armenien und Aserbaidschan streiten seit vielen Jahren um die Region Berg-Karabach. Das Gebiet gehörte in der Sowjetunion zur muslimisch geprägten Republik Aserbaidschan, obwohl es mehrheitlich von christlichen Armeniern bewohnt wird. Proarmenische Rebellen haben es Ende der 80er Jahre mit Eriwans Unterstützung unter ihre Kontrolle gebracht.

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Bis heute kein Friedensvertrag

Im Zuge eines jahrelangen Kriegs wurden schätzungsweise 30.000 Menschen getötet. Hunderttausende Menschen flohen vor den Kämpfen. Im Jahr 1994 trat ein Waffenstillstand in Kraft, der jedoch als brüchig gilt. Einen Friedensvertrag gibt es bis heute nicht. International wird Berg-Karabach weiterhin als Teil Aserbaidschans angesehen, Armenien erkennt dies aber nicht an.

Das kleine Berggebiet an der Grenze zwischen beiden Ländern ist weitgehend von Zahlungen aus Eriwan abhängig und praktisch nur über die Straße aus Armenien erreichbar. Das erdölreiche Aserbaidschan, dessen Verteidigungsbudget bisweilen höher war als Armeniens gesamter Staatshaushalt, drohte wiederholt damit, Berg-Karabach zurückzuerobern, sollten internationale Bemühungen zur Lösung des Konflikts erfolglos bleiben. Die Regierung in Eriwan versicherte, man könne jeder Offensive standhalten.

Als Vermittler dient in dem Konflikt die sogenannte Minsk-Gruppe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Zu ihr gehören unter anderen Russland, die USA, Deutschland, Frankreich und die Türkei.

kle/uh (afp, dpa, rtre)