Kommentar: Die Hoffnung stirbt zuletzt!

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Iran

Kommentar: Die Hoffnung stirbt zuletzt!

Das Ergebnis der Parlamentswahlen im Iran spricht eine deutliche Sprache. Die Wähler haben die Reformer klar unterstützt. Jamsheed Faroughi meint, dass die Hardliner dies nicht überhören sollten.

Ein jüdisches Sprichwort sagt: Wenn es nur zwei Wege gibt, wähle den dritten! Es gibt tatsächlich keine bessere Erklärung für das politische Verhalten der Iraner. Sie haben sich bei der Parlamentswahl tatsächlich für den dritten Weg entschieden. Da ein Wahlboykott einer kompletten Niederlage der Reformer gleichgekommen wäre und die Entmachtung der Hardliner aussichtslos war, haben sich die Reformer einen neuen Plan ausgedacht: Ihr Ziel war, die die Konservativen zu schwächen. So stellten sie eine Liste mit den nur wenigen verbliebenen und zugelassenen Reformern auf, mit moderaten Konservativen und mit sogenannten „Unabhängigen“. Diese Liste hieß: „Liste der Hoffnung“. Und diese Hoffnung hat gesiegt.

Der Sieg der Reformer und der moderaten Kräfte um Präsident Hassan Rohani in Teheran zeigt die politische Reife der Menschen in der Hauptstadt Irans. Zwar bleibt, landesweit gesehen, die Mehrheit der Sitze im Expertenrat in der Hand der Konservativen, doch ist ihre Vorherrschaft im Parlament und ihr Ansehen ernsthaft gefährdet.

Jamsheed Faroughi, Leiter der Farsi-Redaktion

Demokratie mit Hindernissen

Die Mitglieder des Expertenrates sowie des Parlaments werden direkt von den Bürgern gewählt. Das sieht zwar sehr demokratisch aus, ist aber in der Realität alles andere als das.

Dass die Wahlen im Iran weder frei noch fair sind, wissen die Iraner. Alle Kandidaten wurden streng auf Herz und Nieren überprüft. Nur diejenigen, die dem System „absolut treu“ sind, durften kandidieren. Aber selbst absolute Treue beschert keine automatische Eintrittskarte als zugelassener Bewerber. Letztlich entschied der Wächterrat, ein Instrumentarium des totalitären Gottesstaates.

Der Wächterrat war bis jetzt klar eine Domäne der Konservativen. Das zwölfköpfige Gremium besteht aus sechs Geistlichen und sechs Juristen. Die geistlichen Mitglieder des Wächterrats werden direkt von dem Obersten religiösen Führer ernannt. Die Juristen werden vom Parlament gewählt. Da die Kandidaten für das Parlament auch vorher vom Wächterrat geprüft und zur Wahl zugelassen wurden, ist und bleibt der Wächterrat ein Machtinstrument in der Hand des amtierenden religiösen Führers, Ali Khamenei.

Alle unerwünschten Kandidaten zur Parlamentswahl wurden nach und nach aussortiert und landeten auf einer schwarzen Liste. Sogar Hassan Khomeini, Enkel von Ayatollah Khomeini, dem Revolutionsführer und Gründer der Islamischen Republik, durfte nicht kandidieren. Aus politischer Kalkulation heraus wurden namhafte Reformer von den Wahlen ausgeschlossen. Der Ausschluss der Reformer von den Wahlen war diesmal sogar besonders ausgeprägt. In vielen Wahlbezirken hatten die Reformer keinen einzigen Bewerber. Oder es gab in anderen Wahlbezirken gleichviel Sitze wie die Zahl der zugelassenen Kandidaten. So sollte es keine Überraschungen geben.

Hoffnung in der Not

Trotz aller Einschränkungen haben die Menschen im Iran mit ihrer Stimme eine klare Botschaft vermittelt. Das sollten die Konservativen verstehen und je schneller und genauer sie das tun, desto stabiler wird das Land.

Iran ist immer für eine Überraschung gut, auch dieses Mal. Die Iraner haben einerseits die Reformer und die moderaten Kräfte gewählt, andererseits die Hardliner bestraft. Was haben die Iraner mit dem Sieg der „Liste Hoffnung“ erreicht?

Die Wähler haben gezeigt, dass sie den Kurs der Hardliner nicht unterstützen. Sie haben gezeigt, dass die Ära der provokativen Außenpolitik vorbei ist. Sie haben gezeigt, dass sie für gesellschaftliche Öffnung und politische Entspannung sind. Sie haben vor allem auch gezeigt, dass sie vom schrecklichen Schicksal einer politischen Instabilität im Irak, in Afghanistan und in Syrien viel gelernt haben und sie sind nicht mehr bereit, im Dunkeln mit dem Kopf gegen die Wand zu laufen.