Ungarn: Milde Justiz nach dem Giftschlamm

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Ungarn: Milde Justiz nach dem Giftschlamm

Mehr als fünf Jahre ist es her, dass eine giftige Schlammlawine aus einem ungarischem Aluminiumwerk die Umgebung überrollte und zehn Menschen tötete – nun sind alle Angeklagten freigesprochen worden.

Fünf Jahre nach der Rotschlamm-Katastrophe im ungarischen Ort Kolontar hat ein Strafgericht 15 Direktoren und Leiter der Aluminiumfabrik MAL freigesprochen. Das zuständige Gericht in der westungarischen Stadt Veszprem sah in seinem Urteilsspruch die Schuld der Angeklagten ­- darunter war auch MAL-Chef Zoltan Bakonyi – nicht als erwiesen an.

1,1 Millionen Kubikmeter Giftschlamm

Den Angeklagten war fahrlässige Tötung, Beschädigung öffentlicher Güter, Verstöße gegen Regeln zur Abfallentsorgung und Umweltverschmutzung zur Last gelegt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte Haftstrafen für alle Angeklagten gefordert. Der Prozess begann im September 2012.

Der Chemieunfall hatte sich am 4. Oktober 2010 in der MAL-Aluminiumfabrik in Ajka ereignet, 160 Kilometer westlich von Budapest. Ein Auffangbecken der Fabrik zerbarst, und etwa 1,1 Millionen Kubikmeter Giftschlamm breiteten sich in Kolontar und zwei weiteren umliegenden Dörfern aus. Bei dem roten Schlamm handelte es sich um ein giftiges bleihaltiges Abfallprodukt aus der Aluminiumproduktion, das zudem leicht radioaktiv ist.

Zehn Tote, bs zu 200 Verletzte

Zehn Menschen kamen ums Leben, bis zu 200 erlitten Verletzungen, darunter schwere Verätzungen. Mehr als 300 Häuser wurden zerstört, 800 Hektar Ackerland und mehrere Gewässer verseucht. Die Regierung musste um die 80 Millionen Euro für den Wiederaufbau und für die Säuberung des verseuchten Geländes mit Spezialgerät aufwenden. Der Giftschlamm erreichte auch die Donau. Das Ernten und der Verzehr von örtlichen Produkten wurde zeitweise verboten. Bis heute darf auf Hunderten von Hektar nichts angebaut werden. Zahlreiche Anwohner weigerten sich, in das betroffene Gebiet zurückzukehren.

Die Schlammlawine war das schwerste Industrie-Unglück und zugleich die schlimmste Umweltkatastrophe in der Geschichte Ungarns. Im September 2011 wurde die Betreiberfirma MAL zu 135 Milliarden Forint (430 Millionen Euro) Strafzahlung an die örtlichen Behörden verurteilt. Seine Produktion durfte das Werk aber fortsetzen. Da das Unternehmen die Geldbuße nicht zahlte, wurde es verstaatlicht.

sti/fab (afp, dpa)